Genau hinschauen – auch bei uns
Noch vor ein paar Monaten war das Kürzel ÖRR bei uns praktisch unbekannt. Dann gab es in Deutschland und Österreich Ereignisse, die dazu führten, dass ARD und ORF häufig in einem Atemzug genannt wurden, und schon war ÖRR eine geläufige Abkürzung... Sie steht für öffentlich-rechtlicher Rundfunk, also für gebührenfinanzierte audiovisuelle Medien. Allgemein wird auch die SRG in dieser Abkürzung mitgemeint, auch wenn wir immer wieder betonen, dass die SRG als Verein nicht öffentlich-rechtlich ist (sondern eben als Verein nach dem Schweizerischen Zivilgesetzbuch geführt wird). Aber da die SRG über Gebühren finanziert wird, gehört sie letztlich schon in diesen Topf.
Das war jetzt etwas viel Einleitung. Aber das Umfeld spielt in diesem Beitrag eine wesentliche Rolle. Vertreterinnen und Vertreter der SRG Deutschschweiz treffen sich regelmässig mit Behördenvertretungen von ARD, ZDF und ORF. Es gab eine Zeit, da mussten wir unsern staunenden Nachbarn erklären, dass die SRG politisch angegriffen wird, ja die öffentliche Finanzierung in Frage gestellt ist. Doch diese Themen sind inzwischen in den Nachbarländern auch angekommen. In Österreich wird die Umstellung von einer Geräte- auf eine Haushaltabgabe diskutiert – ein Wechsel, der in Deutschland und der Schweiz bereits vorgenommen wurde. Brisant ist das Thema insbesondere, weil der ORF finanziell und politisch unter Druck geraten ist und die neue Gebührenordnung einigen politischen Kreisen gelegen kommt, um gleich auch dem ORF Mittel zu entziehen. Das kommt uns dann schon reichlich bekannt vor...
Vor allem aber ist in Deutschland die ARD in ein schiefes Licht geraten, weil sich herausgestellt hat, dass die Gremien nicht nur mit der journalistischen Unabhängigkeit der Redaktionen so ihre liebe Mühe haben, sondern vor allem, dass sie mit den Gebührengeldern etwas gar eigenwillig, genauer gesagt eigennützig umgehen. Das Konstrukt der ARD ist ähnlich kompliziert wie jenes der SRG; wie bei uns die Regionalgesellschaften gibt es dort in jeder sogenannten Landesanstalt einen Rundfunkrat aus Laien. Dieser wählt einen Verwaltungsrat, der das oberste Organ der jeweiligen Gesellschaft ist. Nun hat sich gezeigt, dass insbesondere beim RBB, dem Rundfunk Berlin Brandenburg, eine eigentliche Selbstbedienungsmentalität herrschte und jegliche Aufsicht versagt hat. (Die Geschichte ist lang und vielschichtig, sie lässt sich hier nicht ausführlich darstellen – das Kernproblem ist genannt. Auch hier ist der Zeitpunkt heikel, denn die Erhöhung der Gebühren war politisch umstritten und steht auf deutlichen wackligeren Beinen als bisher.)
Die Vorfälle beim RBB haben auch bei uns in der SRG aufhorchen lassen. Wie kann es sein, dass in einem öffentlich-rechtlichen Rundfunkhaus Millionen von Euros missbräuchlich ausgegeben werden? So fand es die SRG angebracht, sich diese Frage selbst zu stellen, bevor es andere tun. Es wäre ja zweifellos ein gefundenes Fressen für SRG-kritische Kreise, wenn ein unseriöser Umgang mit Geldern aufgedeckt werden könnte.
Der Verwaltungsrat hat vorsorglich – also ohne dass der geringste Verdacht vorhanden wäre, sondern als reine Vorsichtsmassnahme – eine Reihe von Kontrollen und Überprüfungen eingeleitet. Diese sind nun im Gang, und sie zielen tief. Auch bis zu uns, auf die unterste Ebene. So haben wir in den letzten Tagen detailliert auflisten müssen, wohin die Gelder der SRG Aargau Solothurn fliessen, welche Summen für welche Gremien ausgegeben werden. Ich rechne nicht mit bösen Überraschungen; schon gar nicht für unsern eigenen Verein, legen wir doch gegenseitig schon seit vielen Jahren alle Bezüge offen: Jedes Mitglied des Vorstands und der Programmkommission weiss von allen Gremienmitgliedern auf Franken und Rappen genau, wer wie viel Sitzungsgelder, fixe Honorare und Spesen bezieht.
Damit ist es auch wieder einmal gesagt: Wir alle sind freiwillige Mitglieder in Gremien dieses Vereins, aber wir arbeiten nicht gratis, sondern gegen angemessene Entschädigungen. Dies gilt für alle sechs Mitgliedgesellschaften der SRG Deutschschweiz, wobei jede ihr eigenes Entschädigungssystem hat, angepasst auf die jeweilige Arbeitsweise. Im Rahmen der genannten Untersuchungen werden diese Zahlen wieder einmal miteinander verglichen. Auch hier sind keine Überraschungen zu erwarten: Wir alle legen Jahr für Jahr an der Generalversammlung Rechenschaft ab. Es wäre schwierig, etwas zu verstecken – dafür sind alle diese Summen wohl ohnehin zu klein.
Umso besser, dass wieder einmal hingeschaut wird und wir uns alle weiterhin in die Augen blicken können.