Die Schweiz fährt runter. Das Kinderprogramm fährt hoch.
Nichts war mehr wie vorher an diesem Montag, 16. März. Von einem Tag auf den anderen fuhr die Schweiz herunter. Das Freizeitangebot wurde eingestellt: Restaurants, Läden, Museen, Schwimmbäder – alles geschlossen. Auch die Schulen. Für Familien in der Schweiz entstand durch die Corona-Pandemie eine völlig neue Situation.
Wie stark das neue Coronavirus die Kinder beschäftigte, hatten wir im Kinderprogramm schon in den Tagen und Wochen vor dem «Shutdown» stark gespürt. Als sich die Lage in der Schweiz zu verschärfen begann, löste das bei den Mitgliedern der Online-Community «Zambo-Treff» viele Fragen und auch Verunsicherung aus. Die geschützte Community von SRF, in der sich Kinder zwischen 7 und 13 Jahren in einer sicheren Umgebung mit Gleichaltrigen austauschen können, erwies sich einmal mehr als Seismograph für die Befindlichkeit an den Familientischen. Viele Kinder äusserten ihre Gedanken zum Coronavirus in eigenen Blog-Beiträgen und Kommentaren, der erste Inhalt dazu wurde sogar schon am 5. Februar veröffentlicht. Wir haben in der Radiosendung und auf der Website von Zambo früh versucht, altersgerechte Antworten zu formulieren. Zum Beispiel in einem Interview mit einer Kinderärztin oder in einem Video, das zeigt, wie man sich vor einer Ansteckung schützen kann.
Und dann also der Shutdown, der alle Familien plötzlich vor neue Herausforderungen stellte. Wie soll ich arbeiten und mich um die Kinder kümmern? Wo finde ich tagsüber sinnvolle Beschäftigung für die Kleinen? Wie organisieren wir das bei uns zuhause mit «Homeschooling» und Fernunterricht? Das nur einige der Fragen.
Erklärvideos auf mySchool
Wir stellten bei mySchool am Freitag vor dem Shutdown eine Liste mit Erklärvideos und Dokumentarfilmen aus unserem digitalen Angebot zusammen, die von den Lehrerinnen und Lehrern sofort für den Einsatz im Fernunterricht eingesetzt werden konnten. Ausserdem haben wir ab Mittwoch, 18. März, die tägliche Programmfläche von mySchool auf SRF 1 im Vormittag ausgebaut. Die Idee: Eltern dabei zu unterstützen, ihre Kinder mit sinnvollen, lehrreichen Fernsehinhalten beschäftigen zu können. Im Nachmittagsprogramm von SRF zwei stellten wir ab demselben Zeitpunkt ein Kinderprogramm aus Filmklassikern und altersgerechten Reportage-Reihen von Zambo zusammen, ein Mix aus Archiv-Inhalten und Neuproduktionen. Zusätzlich produzierten wir ein kleines Magazin aus dem «Homeoffice» von Moderator Gabriel Crucitti. Per Videotelefon konnten Kinder darin zeigen, wie sie die Corona-Zeit verbringen. Diese Umsetzung erlaubte es, die besondere Situation, in der wir uns alle befanden, auf verschiedenen Ebenen erlebbar zu machen.
Anfänglich stand auch die Frage im Raum, ob das Vormittagsprogramm von SRF 1 kurzfristig zum linearen Fernunterrichts-Klassenzimmer umfunktioniert werden sollte. Aufgeteilt nach Fächern und Jahrgängen könnten Lehrpersonen vor der Kamera den Schulstoff allen Deutschschweizer Kindern nach Hause übermitteln, so die Idee.
Die meisten kantonalen Bildungsbehörden rieten von der Umsetzung eines solchen Angebots jedoch ab. Hauptgrund: Die Schweizer Bildungslandschaft mit ihren zahlreichen regionalen und kantonalen Unterschieden. Stattdessen konzentrierten wir uns darauf, rasch neue Inhalte zu produzieren, die zwar den Lehrplänen entsprechen, aber so gestaltet sind, dass sie auch ausserhalb des Unterrichts von Schülerinnen und Schülern genutzt werden. Diese stellten wir online zur Verfügung. So entstand zum Beispiel eine Reihe mit Erklärvideos zu Begriffen, die in der Corona-Krise immer wieder auftauchten: Impfung, Quarantäne, Ansteckungskurve, Kurzarbeit etc.
Neues für die Zeit Zuhause
Es entstanden aber auch Reihen wie «Jetzt koche ich!», in der Kinder zeigen, wie sie ihr Lieblingsmenü zubereiten, oder «Achtung, fertig, fit!», in der Sportler/innen einfache Turnübungen für zuhause zeigen.
Ausserdem setzten wir auf den Austausch mit unserem Publikum: So führten wir bei mySchool eine Aktion durch, in der uns Lehrpersonen ihre Lehrvideos schicken konnten, die sie für den Fernunterricht selber produziert hatten. Die Videos stellten wir auf die Website – als Inspiration für andere Lehrer/innen und um Vernetzung untereinander zu fördern. Bei Zambo riefen wir zu einem Geschichtenwettbewerb auf. Unser Publikum sollte Gedanken und Emotionen zur Corona-Pandemie in einen eigenen Text packen. Einige der Geschichten wurden dann fürs Radio vertont. Was als Austausch mit den Kindern gedacht war, wurde zu unserer Überraschung und Freude von findigen Lehrpersonen auch als Teil ihres Fernunterrichts genutzt.
Hohe Nutzung des Kinder- und Jugendprogramms
Die Nutzung der Websites von Zambo und mySchool ist während der Corona-Krise sehr stark angestiegen. In einem Ausmass, das wir so nicht erwartet hätten. Auch Kinderhörspiele wurden sehr viel öfter heruntergeladen oder gestreamt. In der Online-Community «Zambo-Treff» verzeichneten wir ab dem ersten Tag der Schulschliessungen eine deutlich erhöhte Aktivität und viele Neuanmeldungen.
Rechtzeitig zur Eröffnung der Schulen haben wir das ausgebaute Schulfernseh- und Kinderangebot auf SRF 1 und SRF zwei am Freitag, 8. Mai, wieder aufs Normalmass reduziert. Wir blicken zurück auf eine herausfordernde Phase – ja, auch auf einige Stunden Mehrarbeit. Aber vor allem auf eine grossartige Team-Zusammenarbeit trotz Homeoffice-Erschwernissen. Und auf eine Zeit, in der wir viele Erfahrungen sammeln konnten und wichtige Erkenntnisse gewonnen haben. Diese helfen uns jetzt beim Aufbau unseres neuen Kinderangebots auf dem YouTube-Channel SRF Kids und bei der Produktion der neuen wöchentlichen Kindernachrichten SRF Kinder News, die am Freitag, 12.6., starten.
Christoph Aebersold, Leiter Bereich Familie, SRF