Mediennutzung einst, heute und in Zukunft: Programmkommission befasst sich mit «SRF 2024» und neuer online-Strategie der Regionalberichterstattung
Bereits an ihrer Oktober-Sitzung hatte sich die Programmkommission der SRG Aargau Solothurn kurz mit der wenige Tage zuvor präsentierten Strategie «SRF 2024» sowie mit einem neuen Konzept für die Online-Berichterstattung aus den Regionen befasst (s. hier). An ihrer letzten Sitzung des Jahres 2020 widmeten sich die Mitglieder nun am 14. Dezember den digitalen Plänen von SRF noch vertiefter. Hierfür liessen sie sich von «Regi»-Leiter Maurice Velati Überlegungen und aktuelle Zahlen und Studien zur Mediennutzung erläutern, die zum Strategiewechsel führten. Velati ist Projektleiter des Wechsels in der regionalen Berichterstattung online.
Das Dilemma der Medien ist längst bekannt: Die Mediennutzung von Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen setzt sich über die etablierten Massenmedien-Kanäle Fernsehen und Radio hinweg. Zwar sind visuelle und auditive Inhalte zunehmend gefragt, wie etwa die steigende Nutzung von Podcast-Formaten oder von Plattformen wie Youtube und Netflix zeigt. Besonders in den letzten fünf Jahren hat die Nettonutzung von Video- und Audioinhalten stark zugenommen, während im Zeitraum der letzten rund zehn Jahre die Nutzung von Textinhalten – ob print oder online – massiv eingebrochen ist. Gleichzeitig zeigen Studien, dass öffentlich-rechtliche Medien wie SRF, ARD, ZDF und ORF eine wichtige Informationsquelle bei unter 30-Jährigen bleiben. Nur: eben nicht mehr via Fernsehgerät oder Radio. Eine SRF-eigene Studie zeigt zudem, dass gut ein Drittel der 15- bis 29-Jährigen gar nicht mehr Fernsehen und Radio konsumieren. Bei den 30- bis 44-Jährigen, die eigentlich eine der Hauptzielgruppe des Medienhauses bilden, sind es auch bereits 15 bis 20 Prozent. Stattdessen steigen die Nutzungszahlen durch alle Generationen hinweg in mobilen Geräten und auf Drittplattformen – eben Youtube, Netflix oder anderen.
Mit «SRF 2024» geht man, kurz zusammengefasst, dorthin, wo das Publikum heute ist. Die Strategie versucht der neuen Mediennutzung gerecht zu werden. Dies bedingt aber, dass die journalistische Arbeit mit technischem Know-how und Wissen über das Funktionieren dieser neuen Kanäle ergänzt wird. Es bringt nichts, inhaltlich sauber recherchierte Geschichten zu produzieren, wenn diese nicht aufgefunden werden können oder nicht attraktiv genug sind, weil sie nach altem Fernseh- oder Radio-Strickmuster erzählt werden. Kanalmanagerin, System-Engineer und Angebotsanalystin ergänzen deshalb den Journalisten oder die Redakteurin, damit deren Inhalte das richtige Publikum finden und damit – umgekehrt – die Inhalte so produziert werden, dass sie das anvisierte Publikum auch erreichen. Neben diesen Faktoren wird aber auch ein Kulturwechsel über Erfolg oder Misserfolg der neuen Strategie entscheiden: Das noch immer sehr linear geprägte Medienhaus muss umdenken. Klar ist: SRF steht erst am Anfang dieses Wechsels und man darf gespannt sein, wie das Angebot in Zukunft daherkommen wird.
Online-News aus der Region: Weniger Gleiches, mehr Anderes?
Auch die neue Ausrichtung der regionalen Berichterstattung online resp. mobile folgt dem Prinzip der neuen Mediennutzung. Man habe festgestellt, so Maurice Velati, dass in der Vergangenheit regionale Nachrichten von SRF kaum gelesen wurden. Diese beschaffe man sich anderswo. Stattdessen wünsche sich das Publikum - wie eine gross angelegte, repräsentative Befragung gezeigt habe - die Einordnung regionaler Ereignisse in einen nationalen Kontext. Umgekehrt sei ein Abbau in der linearen Radio-Sendung oder ein Ausbau der Kapazitäten für die Online-Berichterstattung nicht in Frage gekommen. So fokussiert man sich ab jetzt auf grössere, aufwändiger recherchierte und gemeinsam produzierte Themen. Journalistinnen und Journalisten der jeweiligen Regionaljournale wirken dabei wie Korrespondenten, die ihre Stories den Verantwortlichen von SRF News bzw. der News-App anbieten. Diese/r entscheidet dann, ob und wie die Geschichte aufgenommen wird. Inhaltlich liegt dann die Entscheidungshoheit aber meist wieder bei den «Regi»-Mitarbeitenden.
Subjektiv entstand über die erste Zeit bei einigen PK-Mitgliedern der Eindruck, die eigene Region sei gegenüber anderen untervertreten. Insbesondere Zürcher Themen würden dominieren. Ob dem wirklich so ist, wird sich zeigen. «Wir führen Strichlisten», äusserte sich Maurice Velati in der Sitzung der Programmkommission dazu pointiert. Fakt sei, wie erste Zahlen zeigen, dass die «neuen» regionalen Geschichten online auch gelesen werden. Die Quantität sei zwar gesunken, die Qualität aber gestiegen. In der Themenwahl gebe es aus seiner Sicht hingegen durchaus noch Optimierungspotenzial. Eine konkrete Auswertung steht im Januar 2021 an.
In den ersten Monaten des neuen Jahres werden sich auch mehrere Programmkommissionen der SRG dieser Veränderung annehmen. Auch die Programmkommission der SRG AG SO wird sich im Januar damit befassen und beurteilen, wie zufrieden sie mit der Berichterstattung aus der «eigenen» Region ist.