120 Millionen in sieben Jahren
Die Räte haben sich gestern in den letzten Streitpunkten beim Mediengesetz geeinigt. In den kommenden sieben Jahren sollen auf verschiedenen Wegen 120 Millionen Franken fliessen.
Die künftige Medienförderung ist nach zähem Ringen unter Dach und Fach. Während sieben Jahren werden die Medien in der Schweiz direkt und indirekt mit 120 Millionen Franken mehr gefördert als bisher. Der Nationalrat hat gestern die letzte Differenz mit dem Ständerat bereinigt. Er stimmte dem Antrag der Einigungskonferenz mit 130 zu 46 Stimmen bei einer Enthaltung zu. Für die Gebührenanteile für konzessionierte private Veranstalter gilt demnach eine Bandbreite von 6 bis 8 Prozent. Heute sind es 4 bis 6 Prozent. Der Ständerat war am Dienstag dem Nationalrat gefolgt. Das Geschäft ist bereit für die morgige Schlussabstimmung (Freitag, 18. Juni erfolgt, s.u.; Anm. SRG AG SO).
Als Aufbauhilfe für neue Modelle gedacht
Die Medien sollten mit der Bundeshilfe tragfähige Modelle aufbauen können in den kommenden Jahren, betonte Medienministerin Simonetta Sommaruga im Rahmen der zahlreichen Debatten wiederholt. Es bleibe aufwendig, journalistische Inhalte zu produzieren – egal, ob sie in der Zeitung gedruckt oder online gestellt würden. Die Corona-Pandemie habe den Strukturwandel in der Medienbranche weiter beschleunigt.
Das Paket umfasst Änderungen im Postgesetz, im Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) sowie ein neues Bundesgesetz über die Förderung von Onlinemedien. Grundsätzlichen Widerstand gegen den Ausbau der Medienförderung gab es nur von der SVP. Die neuen Regelungen gelten für sieben Jahre. Nach vier Jahren sollen die Auswirkungen evaluiert werden. Diese Fristen sind ein Kompromiss. Der Nationalrat wollte nur fünf Jahre unterstützen, der Ständerat deren zehn.
40 Millionen Franken zusätzlich fliessen durch die indirekte Medienförderung in die Früh- und Sonntagszustellung von Printmedien. Zudem werden die Beiträge an die Ermässigung der Post-Zustelltarife für abonnierte Zeitungen von 30 auf 50 Millionen Franken erhöht. Von beiden Massnahmen profitieren insbesondere die grossen Verlage.
Direkte Förderung der Onlinemedien
30 statt 20 Millionen gibt es neu für die Mitgliedschafts- und Stiftungspresse. Weitere rund 20 Millionen Franken hat das Parlament für Fördermassnahmen zu Gunsten des gesamten Mediensystems bewilligt. Die Gesamtkosten in diesem Bereich betragen nun 30 Millionen Franken. Darunter fallen unter anderem die Unterstützung für die Ausbildung. Finanziert werden können mit den gesprochenen Mitteln auch IT-Projekte.
Erstmals gefördert werden die Onlinemedien. Ein erneuter Angriff auf die Förderung der Onlinemedien im Ständerat scheiterte in der Sommersession klar. Damit ist ein allfälliges Referendum nur gegen das gesamte Medienförderungspaket möglich. Eine Teilung der Vorlage hatten die Räte gegen den Willen von SVP und FDP abgelehnt. Für die Onlinemedien stehen gemäss den Beschlüssen jährlich 30 Millionen Franken zur Verfügung.
Dabei sollen sie mit maximal 60 Prozent ihres anrechenbaren Umsatzes entschädigt werden. Der Ständerat hat sich in dieser Frage dem Nationalrat angeschlossen. Auch Start Ups sollen im Onlinebereich gefördert werden können. Der Ständerat gab in dieser Frage ebenfalls dem Nationalrat nach.
Unnachgiebig bis zum Schluss zeigte sich der Nationalrat bezüglich des Onlineangebots der SRG. Er wollte es weiter einschränken, um die Privaten nicht übermässig zu konkurrenzieren. Die bereits geltende Beschränkung für Onlinetexte auf tausend Zeichen in der Konzession sei nicht genügend. Texte sollen nur noch zulässig sein, «sofern ein zeitlich und thematisch direkter Sendungsbezug besteht». Der Ständerat beharrte indes auf der geltenden Regelung gemäss Konzession und setzte sich am Schluss durch.
Referendumsdrohung liegt in der Luft
Bei der Beitragsberechtigung für die Aus- und Weiterbildung von Journalisten ist der Ständerat dem Nationalrat gefolgt. Die Zertifikate und Diplome müssen von der Branche anerkannt sein. Die Forderung nach einem Hochschulniveau der Abschlüsse wurde vom Ständerat fallengelassen.
Die neuen Bestimmungen dürften frühestens 2023 in Kraft treten, rund ein Jahr später als ursprünglich geplant. Das letzte Wort zum Ausbau der Medienförderung könnte allerdings das Stimmvolk haben. Der Verein Freunde der Verfassung liebäugelt mit dem Referendum gegen die Vorlage. Er sieht die Unabhängigkeit der Medien infrage gestellt, wenn die staatliche Unterstützung immer grösser wird. (sda)
Quelle: Bieler Tagblatt, 17. Juni 2021
Die Vorlage ist verabschiedet worden
Das Parlament hat am Freitag dem Medienförderungspaket im Umfang von 120 Millionen Franken im Jahr zugestimmt. Die Verlegerverbände und der Presserat zeigen sich erfreut über die Annahme.
Mit den Schlussabstimmungen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Sommersession abgeschlossen. 16 Vorlagen sind parlamentarisch unter Dach und Fach.
Verabschiedet wurde unter anderem mit 114 zu 76 Stimmen bei 6 Enthaltungen (Nationalrat) und 28 zu 10 Stimmen bei 6 Enthaltungen (Ständerat) das Massnahmenpaket zugunsten der Medien. Dieses sieht während sieben Jahren direkte und indirekte Förderungsinstrumente für Medien im Umfang von jährlich 120 Millionen Franken vor (persoenlich.com berichtete). Gegen die Vorlage wurde bereits das Referendum angekündigt.
Verlegerverbände begrüssen den Beschluss
Die drei Verlegerverbände Schweizer Medien, Médias Suisses und Stampa Svizzera sind erfreut, dass das Massnahmenpaket zugunsten der Medien nach intensiver Beratung mit deutlicher Mehrheit vom Parlament gutgeheissen wurde. Damit wurde die Wichtigkeit und Dringlichkeit des Pakets für den Erhalt der Medien- und Meinungsvielfalt in der Schweiz erkannt, heisst es in einer gemeinsamen Mitteilung.
Die rasche Umsetzung des am Freitag beschlossenen Pakets sei für die Medienhäuser «von zentraler Bedeutung und sollte durch die zuständigen Stellen zeitnah in Angriff genommen werden». Gleichzeitig gelte es, die hunderttägige Referendumsfrist abzuwarten und das Paket gegebenenfalls in einer Volksabstimmung durch die Bevölkerung legitimieren zu lassen. Die drei Verlegerverbände stehen laut der Mitteilung «einer öffentlichen Diskussion offen gegenüber».
Bevölkerung ist positiv eingestellt
Auch der Verband Medien mit Zukunft «akzeptiert und begrüsst» das vom Parlament beschlossene Massnahmenpaket zugunsten der Medien. «Das auf sieben Jahre befristete Paket gibt uns Zeit, eine zukunftsfähige Lösung zu erarbeiten. Damit soll zeitnah begonnen werden», heisst es in einer Mitteilung vom Freitag. Dies beispielsweise mit einer nationalen Volksinitiative zur Stärkung der Medienvielfalt, an welcher der VMZ konstruktiv mitarbeiten wolle.
Sollte gegen das Massnahmenpaket das Referendum ergriffen werden, blicke der VMZ einer Volksabstimmung optimistisch gegenüber. Eine vom unabhängigen Forschungsinstitut GFS Bern durchgeführte repräsentative Umfrage aus dem letzten Herbst zeige, dass die Bevölkerung bis weit in die politische Mitte hinein gegenüber einer Medienförderug auch für Onlinemedien sehr positiv eingestellt sei.
Auch Presserat erfreut
Dass sie eidgenössischen Räte dem Medienförderpaket zugestimmt haben, sei «ein gutes Signal für die Sicherung von qualitativ hochstehendem Journalismus». Mit der Verabschiedung des Medienförderpakets stehen die Chancen gut, dass auch der Schweizer Presserat künftig mit Bundesmitteln unterstützt wird, schreibt dieser in einer Mitteilung.
Der Presserat ist eine Selbstregulierungsorganisation, die zurzeit vollständig von der Branche selbst getragen wird. Im letzten Jahr nahm die Zahl der Beschwerden signifikant zu, «was die Bedeutsamkeit und Relevanz des Presserats belegt» (persoenlich.com berichtete). Der Presserat kann diesem gestiegenen Anspruch aber nur gerecht werden, wenn er ausreichend Mittel zur Verfügung hat, wie es in der Mitteilung weiter heisst. Die zusätzlichen Bundesmittel werden helfen, diese wichtige Arbeit weiterhin sorgfältig, kompetent und effizient auszuführen. (sda/pd/cbe)
Quelle: persönlich.com, 20. Juni 2021
Referendum gegen das Mediengesetz?