Quo vadis Schweizer Medien?

Die Prognosen liessen einen knappen Ausgang vermuten. Das Verdikt war am Ende aber eindeutig. Rund 55% der Abstimmenden lehnten das «Gesetz über ein Massnahmenpaket für die Medien» ab.

Den Gegnern des Mediengesetzes kam entgegen, dass im Vorfeld hauptsächlich viel und kritisch darüber geredet wurde, dass auch grosse Medienkonzerne wie die TX Group und Ringier stark vom Massnahmenpaket profitiert hätten. Und dies, obwohl diese grossen Player satte Gewinne einfahren, wobei der Löwenanteil des Profits nicht mit Journalismus verdient wird. Dies stiess auch manchen Befürworter:innen einer verstärkten Medienförderung sauer auf. Im plakativen Abstimmungskampf wurde gegen das Gesetz mit Slogans wie «Keine Steuermilliarden für Medienmillionäre» Stimmung gemacht. Da verfingen die sachlichen Argumente der Pro-Kampagne nicht, die darauf hinwiesen, dass kleinere Medienunternehmen im Verhältnis viel mehr finanzielle Unterstützung bekommen würden als die Konzerne. Rund 80% der indirekten Presseförderung, die Subvention der Zeitungszustellung, wäre kleinen, regionalen Verlagen zugutegekommen.

Das Massnahmenpaket wurde vom Parlament schon als Kompromiss beschlossen. Die Vorlage war sehr umstritten. Lange wurde beispielsweise über die Förderung von Onlinemedien debattiert. Am Ende wurden wohl zu viele Massnahmen zum Paket geschnürt. War zwar von der Erhöhung und Ausweitung der bestehenden Posttaxen-Verbilligung in den Medien immer wieder zu lesen, gingen Massnahmen wie die Erhöhung des Gebühren-Anteils für private Radio- und TV-Sender (Serafe-Gebühr) oder die Gelder für die Ausbildung von Journalist:innen völlig unter. Auch die Tatsache, dass es sich bei der Unterstützung der Online-Medien um einen moderaten Gesamtbetrag von 210 Millionen über einen überschaubaren, befristeten Zeitraum von sieben Jahren handelte, war kein schlagkräftiges Argument.

Wie geht es weiter mit der Medienförderung?
Es zeichnet sich ab, dass sich im Parlament eine breite Basis dafür bilden lässt, die allgemeinen, unumstrittenen Punkte bald wieder aufs Tapet zu bringen. Dazu gehören die Ausbildungsförderung und somit die direkte Investition in den journalistischen Nachwuchs, die Unterstützung der Nachrichtenagentur SDA, die Förderung von IT-Projekten bei regionalen Medien oder die Unterstützung des Presserats. Auch harte Kritiker des jetzt abgelehnten Gesetzes, wie der Mitte-Präsident Gerhard Pfister, unterstützen dies. Doch diese punktuellen Massnahmen erscheinen im Hinblick auf die digitale Transformation und den wirtschaftlichen Druck auf grosse wie kleine Medienhäuser wie Tropfen auf heissen Steinen. Was darüber hinaus möglich sein wird, lässt sich heute noch schwer voraussehen. Woher soll nun das Geld für die Medienförderung kommen? Welche grösseren Fördermassnahmen sind mehrheitsfähig? Wird die indirekte Presseförderung zumindest für kleine, regionale Verlage aufgestockt? Springen einzelne Kantone für den Bund bei der direkten Medienförderung in die Bresche und schauen auf «ihre» Medienhäuser? Kurz nach dem Scheitern der Vorlage gibt es mehr offene Fragen als konkrete Vorschläge.

Und jetzt: «No Billag 2.0»
Das Abstimmungsresultat spielt der SVP in die Karten. Hätte das abgelehnte Gesetz zwar nur sehr marginal Auswirkungen auf die SRG gehabt (z. B. durch die Ausbildungsförderung), so passt das Resultat sehr gut zur derzeitig herrschenden Stimmung den Schweizer Medien gegenüber. Irritierende Aussagen von Ringier-chef Marc Walder zur staatstragenden Rolle seiner Medientitel helfen da genauso wenig wie die (wenn auch mitunter aufgebauschte) Empörung über die Erhöhung des Fixlohns der SRG-Teppichetage. Und die SRG bot seit der gewonnen «No Billag»-Abstimmung weitere Angriffsflächen, die von ihren Kritiker:innen für ihre Zwecke genutzt wurden. Es passt ins Bild, dass SVP-Präsident Marco Chiesa just in der Woche vor der Abstimmung mit seinem monatelangen Boykott von RSI in den Medien aufgegriffen wurde. Es passt ins Bild, dass seine fadenscheinige Kritik aufgrund einer nicht erfolgten Berichterstattung über einen Parteianlass fusst, während auf der anderen Seite der SRG «Hofberichterstattung» vorgeworfen wird. Es passt auch ins Bild, dass sich nun wieder Leute wie der Gewerbeverbandspräsident Hans-Ulrich Bigler, schon bei «No Billag» in vorderster Front zu finden, versammeln, um ihre «Halbierungsinitiative» auf den Weg zu bringen, die der SRG substanzielle Mittel entziehen will. Scheint momentan die SVP die einzige Partei, die dieses Ansinnen vollumfänglich gutheisst, so wollen nicht nur bürgerliche Parteien generell die künftige Rolle der SRG und ihren Service public-Auftrag diskutieren. Und dabei wird es nicht nur um die Aktivitäten der SRG im Netz gehen. Man darf gespannt sein, wie stark der Wind der SRG in den kommenden Monaten ins Gesicht bläst. Warm anziehen scheint so oder so angesagt zu sein.

Verwendete Quellen:
blick.ch, 7. Februar 2022; medienwoche.ch, 10. und 14. Februar 2022;
woz.ch, 17. Februar 2022;
SRG-Video zum Podium Medienförderungsgesetz vom 18. Januar 2022

Text: Rolf Schöner, Ressort Medienpolitik/Medienkritik