SRG-Initiative «200 Franken sind genug!»
Seit dem 1. März läuft nun offiziell die Kampagne zur massiven Reduzierung der Haushaltsabgabe (Serafe-Gebühr). Geschickt versucht das Komitee dabei, die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf die SRG zu lenken. Nachdem nun der Arena-Moderator Sandro Brotz dem SVP-Nationalrat Thomas Aeschi vorgeworfen hatte, eine rassistische Aussage im Parlament gemacht zu haben, boykottiert die grösste Schweizer Partei für mehrere Wochen die wichtigste Polit-Diskussionssendung im Fernsehen und fordert eine «Aussprache» mit der SRG-Führung.
In den Schweizer Medien entbrennt eine Diskussion darüber, ob Brotz sich als Journalist des öffentlichen-rechtlichen Fernsehens «neutral» verhalten soll, oder ob das Benennen von Rassismus nicht richtig und wichtig ist. Der SVP nahestehende Medien wie die Weltwoche fordern offen den Ersatz von Brotz.
Es scheint der SVP jedes Mittel recht zu sein, um für öffentliche Aufmerksamkeit für ihre Unterschriftensammlung zu sorgen. Derweil beschliesst der Nationalrat, kleine Firmen von der Serafe-Gebühr zu befreien. Der Schweizerische Gewerbeverband jubelt, war er doch schon einer der treibenden Kräfte hinter der «No Billag»-Kampagne. Ausserdem wird wieder diskutiert, ob die SRG auf Werbung und Sponsoring verzichten soll und ihren Service public-Auftrag nur mit Gebührengeldern finanzieren kann.
Was will die Initiative?
Ihre hauptsächliche Forderung formuliert das Komitee «200 Franken sind genug!», zum dem neben SVP- auch FDP- und Jungfreisinn-Politiker:innen gehören, im Initiativtext so:
6 (neu) Zur Finanzierung von Radio- und Fernsehprogrammen, welche einen unerlässlichen Dienst für die Allgemeinheit erbringen, erhebt der Bund eine Abgabe von maximal 200 Franken ausschliesslich von Privatpersonen. Juristische Personen zahlen, gleich welcher Rechtsform, keine Abgabe.
Somit wären sämtliche Firmen, egal ob kleine KMU oder grosse Konzerne, von der Abgabe befreit. Weiter will die Initiative, dass die Erträge aus der Abgabe gedeckelt werden und die Gebühr sogar noch weiter gesenkt werden kann:
7 (neu) Die Bundesversammlung sorgt dafür, dass der reale Gesamtertrag aus der Abgabe gemäss Abs. 6 höchstens konstant bleibt. Sie passt den Beitrag nach Abs. 6 mit einer Verordnung alle fünf Jahre der Anzahl der Haushalte und der Teuerung an. (...)
Die Argumente des Komitees finden Sie hier.
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Serafe-Gebühr
Kleine Unternehmen sollen keine Abgabe zahlen
Der Nationalrat will Firmen mit weniger als 125 Mitarbeitenden von den Radio- und Fernsehgebühren befreien. Mitte-Politiker Fabio Regazzi sprach von einer ungerechten Doppelbesteuerung. Matthias Aebischer (SP) warf den Befürwortern «Zwängerei» vor.
Der Nationalrat will Unternehmen mit weniger als 125 Mitarbeitenden generell von der Serafe-Gebühr befreien. Er hat am Dienstag einer entsprechenden parlamentarischen Initiative von Fabio Regazzi (Mitte/TI) zugestimmt. Die grosse Kammer folgte mit 119 zu 71 Stimmen bei 3 Enthaltungen der Mehrheit seiner Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF-N). Die Initiative geht damit erneut an die zuständige Ständeratskommission. Diese hatte sich im April 2021 gegen die Initiative ausgesprochen, als sie diese zum ersten Mal behandelte. Heute müssen Unternehmen die Medienabgabe zahlen, sofern sie mehr als 500'000 Franken Umsatz im Jahr erzielen. Regazzi sprach von einer ungerechten Doppelbesteuerung kleiner und mittlerer Unternehmen. Deren Inhaberinnen und Inhaber zahlten bereits als Privatpersonen. Auch Marco Romano (Mitte/TI) sagte namens der Kommissionsmehrheit, die heutige Regelung werde als ungerecht empfunden, die Unzufriedenheit in Wirtschaftskreisen sei gross. Matthias Aebischer (SP/BE) betonte hingegen, schon heute seien drei Viertel der Unternehmen von der Abgabe befreit. Zudem müssten Unternehmen in allen Ländern Europas mit Ausnahme Dänemarks und Albaniens Radio- und Fernsehgebühren zahlen. Aebischer warf der Befürworterseite Zwängerei vor. Diese akzeptiere weder die Annahme des revidierten Radio- und Fernsehgesetzes im Jahr 2015 noch die klare Ablehnung der No Billag-Initiative im März 2018. Die Angriffe auf die SRG kämen «immer aus der selben Ecke». Dabei habe diese gerade in Zeiten von Ukraine-Krieg und Pandemie eine wichtige Rolle. (sda/wid)
Quelle: persönlich.com, 15.03.2022
Nationalrat entlastet KMU
Erfolg im Kampf gegen die ungerechte Mediensteuer
sgv-Präsident Fabio Regazzi hat im Parlament einen weiteren Erfolg errungen: Der Nationalrat unterstützt die Parlamentarische Initiative des Tessiner Mitte-Nationalrats und Unternehmers zur Befreiung der KMU von der ungerechten Mediensteuer. Mit 119 gegen 71 Stimmen und bei 3 Enthaltungen folgte der Rat seiner vorberatenden Kommission KVF-N. Regazzis Vorstoss hat zum Ziel, dass nur noch Unternehmen mit 250 oder mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (Vollzeitstellen) die Abgabe für Radio und Fernsehen zu entrichten haben. Firmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden sind von der Abgabe zu befreien. Lernende werden nicht angerechnet.
Das heute geltende System sei ungerecht; die Mediensteuer bedeute für KMU eine Doppelbesteuerung, argumentierte Regazzi. 2020 habe die SRG mit den Einnahmen aus der Mediensteuer weitere 192 Mio. eingenommen, begründet unter anderem durch die wachsende Anzahl Haushalte. Diese Gelder entsprächen ziemlich genau der Mediensteuer der Unternehmen, die 185 Mio. an die Mediensteuer angeliefert hätten. Bei einer steigenden Haushaltszahl könnten die KMU somit problemlos entlastet werden.
Nun ist der Ständerat an der Reihe. Vor dem Hintergrund der Halbierungs-Initiative täte er gut daran, Regazzis Vorstoss zugunsten der KMU ebenfalls zu unterstützen.
Quelle: Schweizerische Gewerbezeitung, 18.02.2022
«Arena» mindestens drei Wochen ohne SVP – Gespräche erst vor Ostern
«Arena» mindestens drei Wochen ohne SVP – Gespräch mit SRG-Leitung erst vor Ostern geplant
Francesco Benini / ch media / Dario Bulleri
«Arena» mindestens drei Wochen ohne SVP – Gespräch mit SRG-Leitung erst vor Ostern geplant
Nach der Rassismuskritik von Moderator Sandro Brotz am Fraktionschef der SVP, Thomas Aeschi, bleibt die Partei der «Arena» fern. Die SVP erhofft sich Rückenwind bei der Sammlung der Unterschriften für die Initiative zur Senkung der SRG-Gebühren.
Die kommenden drei «Arena»-Sendungen finden ohne Vertreter der SVP statt. Laut zuverlässigen Quellen ist die von der SVP geforderte Aussprache mit der SRG-Spitze erst auf Gründonnerstag, den 14. April, angesetzt worden.
Am Dienstagabend hatte die SVP in einem offenen Brief an die SRG-Leitung mitgeteilt, dass sie «bis auf weiteres» auf eine Teilnahme an der «Arena» des Schweizer Fernsehens verzichte.
«Brotz hat sich als Richter aufgespielt»
Die Volkspartei wirft dem «Arena»-Moderator Sandro Brotz vor, dass er sich am vergangenen Freitag gegenüber dem SVP-Fraktionspräsidenten «als Richter aufgespielt» habe. Diese «Grenzüberschreitung» stehe im Widerspruch zum gesetzlichen Auftrag der SRG, Inhalte sachgerecht und neutral darzustellen.
Was war geschehen? Thomas Aeschi hatte im Parlament gesagt, es dürfe nicht sein, dass Nigerianer oder Iraker mit ukrainischen Pässen plötzlich 18-jährige Ukrainerinnen vergewaltigten. Aeschi bezog sich auf ein Verbrechen, das die Behörden in Düsseldorf untersuchen. Er sagte das im Parlament aber nicht.
Die grüne Fraktionspräsidentin Aline Trede blieb daraufhin der «Arena» fern, in der Politiker über die Folgen des Kriegs in der Ukraine diskutierten. Sie begründete dies damit, dass der «rassistischen Hetze von SVP-Exponent Aeschi keine Plattform geboten werden soll».
Aeschi soll gegen Boykott gewesen sein
In der «Arena» hielt auch Moderator Sandro Brotz dem SVP-Nationalrat Rassismus vor. Brotz verwies auf die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus, die zu einem entsprechenden Schluss gekommen sei. Als Aeschi zu einer Entgegnung ansetzte, sagte Brotz, es gebe an der Einschätzung der Kommission nichts zu rütteln. Der Moderator wirkte dabei ziemlich aufgebracht.
Aus der SVP ist zu hören: Den «Arena»-Boykott habe der Ausschuss der Parteileitung beschlossen. Thomas Aeschi selber sei skeptisch gegenüber diesem Schritt – denn er finde es nicht gut, wenn die Partei in der Politdiskussion des Schweizer Fernsehens nicht vorkomme. Ausserdem sei Aeschi per du mit Brotz und finde ihn bei weitem nicht so schlimm wie andere SVP-Exponenten. Einen Teil der Intervention des Moderators habe Aeschi als übertrieben rechthaberisch wahrgenommen. Der Zuger Nationalrat war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Die SVP pflegt die SRG seit Jahren als Feindbild
Die Mehrheit des Parteileitungsausschusses fand aber, dass der Zeitpunkt geeignet sei für einen «Arena»-Boykott – denn die SVP startet bald die Unterschriftensammlung für ihre Volksinitiative: Diese verlangt, dass die Haushaltsabgabe, die vor allem der SRG zukommt, von 335 auf 200 Franken pro Jahr gesenkt wird. Ausserdem pflegt die SVP den öffentlichen Rundfunk schon lange als Feindbild. Der Hauptvorwurf lautet dabei, dass die SRG in ihrer Berichterstattung eine Linkstendenz habe. In einigen Sendungen ist es unverkennbar, wo die politischen Präferenzen der SRG-Journalisten liegen. Die SVP trägt mit ihrer Kritik aber dick auf.
Der Unmut über die «Arena» hat nicht nur mit dem Moderator zu tun. Vor einigen Jahren war es Praxis des Schweizer Fernsehens, die Parteien zu kontaktieren: Welcher Exponent ist für ein bestimmtes Thema in der «Arena» geeignet? Die Parteien unterbreiteten SRF Vorschläge.
Heute fragt die Redaktion der politischen Diskussionssendung die Politiker an, ohne die Parteien einzuschalten. In der SVP war man verschiedentlich nicht glücklich mit der Auswahl, welche die «Arena» traf. Nationalrat Roger Köppel zum Beispiel wird seit einiger Zeit nicht mehr in die Sendung eingeladen. Köppels «Weltwoche» kritisiert Moderator Sandro Brotz immer wieder scharf und verlangt dessen Absetzung. (aargauerzeitung.ch)
Quelle: watson.ch, 23.03.2022
«Arena»-Boykott: Weshalb die SVP gerade jetzt ihren Angriff auf die SRG lanciert
Die SVP boykottiert die SRF-Sendung «Arena». Damit wolle die Partei von den eigenen Schwächen ablenken, ist Politikwissenschaftler Michael Hermann überzeugt.
Gregor Poletti
Die SRF-Politsendung «Arena» steht wieder einmal in der Kritik. Dieses Mal ist es die SVP, die sich enerviert und Moderator Sandro Brotz ins Pfefferland wünscht. Sie will nicht mehr mitmachen wegen Brotz’ «grober Entgleisung». Dieser habe sich gegenüber ihrem Fraktionschef Thomas Aeschi als Richter aufgespielt. Aeschi hatte in einer Nationalratsdebatte gesagt, dass «Nigerianer oder Iraker mit ukrainischen Pässen Ukrainerinnen vergewaltigen». Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus qualifizierte diese Aussage als rassistisch. Der «Arena»-Moderator konfrontierte Aeschi in der Sendung vom letzten Freitag mit dieser Aussage.
Teil einer Kampagne
Weshalb reagiert die SVP derart aufgebracht, dass sie eine Aussprache mit der SRG fordert und bis auf weiteres die Sendung boykottieren will? Für die SVP ist klar, dass die SRG «mit dieser eklatanten Grenzüberschreitung» ihren gesetzlichen Auftrag nicht erfülle und die Sendung nicht neutral moderiert werde, wie sie in einem offenen Brief an die SRG-Leitung schreibt. Etwas andere Beweggründe ortet Politikwissenschaftler Michael Hermann – der angedrohte Boykott sei offensichtlich ein Teil der Kampagne gegen die SRG: «Die Partei will dem öffentlich-rechtlichen Sender die Gebühren mit einer Volksinitiative von heute 335 Franken auf maximal 200 Franken kürzen und nützt diese Gelegenheit, um die Leute zu verunsichern.»
«Schliesslich will man der eigenen Partei auch Präsenz in Foren ermöglichen, die einem persönlich nicht entsprechen.»
Damit könne die Partei zudem gut von den für sie ungünstigen Themen Corona-Krise und Ukraine-Krieg ablenken, ist Hermann überzeugt. So sei die Basis etwa in der Frage der Sanktionen gegen Russland gespalten, und Stimmung gegen die ukrainischen Flüchtlinge zu machen, erscheine derzeit auch nicht opportun.
Mitte-Präsident Gerhard Pfister würde keine Wette wagen, ob ein längerer Boykott einer Partei im Hinblick auf die nationalen Wahlen nützt oder schadet. Aber auch er hat ein ambivalentes Verhältnis zu dieser Politsendung. Als Parteipräsident stecke man in einem Dilemma: «Schliesslich will man der eigenen Partei auch Präsenz in Foren ermöglichen, die einem persönlich nicht entsprechen.»
Eine Sendung unter Dauerbeschuss
Ein Blick in die fast 30-jährige Geschichte der «Arena» zeigt, dass die Sendung unter Dauerbeschuss steht und Boykotte schon fast an der Tagesordnung sind. Die FDP könne sich zusammen mit der CVP vorstellen, nicht mehr an der «Arena» teilzunehmen, liessen die Freisinnigen im Jahr 2000 verkünden. Sie wurden bei einer Diskussion über die Sozialwerke in die zweite Reihe verbannt, was der damalige FDP-Präsident Franz Steinegger mit den Worten quittierte: Man diene doch nicht als Staffage für ein Schattenboxen.
Für Politikwissenschaftler Hermann bedient die SVP mit einem Boykott der Sendung vor allem ihre eigene Basis: «Eine Breitenwirkung ist mit dieser Androhung kaum zu erreichen.» Für die Partei wäre die Aktion nur dann ein Erfolg, wenn die SRG zu Konzessionen bereit wäre. Sonst sei das Vorgehen der SVP eher kontraproduktiv, weil es zu durchsichtig sei.
Derzeit zeichnet sich aber nicht ab, dass die SRG auf die Forderungen der SVP eingehen würde. So will sie nichts davon wissen, den «Arena»-Moderator aus der Schusslinie zu nehmen. Sandro Brotz moderiere «selbstverständlich» weiterhin die Sendung, und das ohne spezielle Anweisung, betont SRF auf Anfrage. Für ihn würden wie für alle Mitarbeitenden die publizistischen Leitlinien von SRF gelten. Die Mitteilung der SVP habe man zur Kenntnis genommen und suche nun den direkten Kontakt zur Partei. Die SVP sei weiterhin in der «Arena» willkommen.
Und was macht Brotz? Auferlegt er sich wie vor einem Jahr eine kurze Twitter-Abstinenz? Damals zog er sich einen gewaltigen Shitstorm zu, als er Demonstranten gegen die Corona-Massnahmen als Flat-Earther bezeichnete (das sind Leute, die überzeugt sind, dass die Erde flach ist). Gestern twitterte Brotz, dass die Vorbereitungen für die sechste «Arena»-Sendung zum Krieg in der Ukraine vom kommenden Freitag im Gang seien – und «ja, ich moderiere die Sendung».
Quelle: zuonline.ch, 23.03.2022
SRG-Finanzierung – SRG soll auf Werbung verzichten
Ein früherer SRF-Programmleiter fordert einen Sponsoring- und Werbeverzicht der SRG.
Bei Nationalrätinnen und Nationalräten trifft die Forderung auf Anklang.
Lisa Horrer
Ein ehemaliger SRG-Programmleiter fordert wiederholt einen Verzicht der SRG auf Werbung und Sponsoring. Gleichzeitig soll sie ihren Service-Public-Auftrag stärken.
Bei Nationalrätinnen und Nationalräten stösst der Vorschlag auf offene Ohren.
Derweil lanciert die SVP die «Halbierungs-Initiative», um der SRG die Mittel zu kürzen.
Bendicht Luginbühl, ehemaliger SRF-Programmleiter, fordert, dass die SRG auf Werbung und Sponsoring verzichten und gleichzeitig den Service-Public-Auftrag stärken soll. Die Forderungen sind nicht neu - bereits 2018 forderte Luginbühl eine werbe- und sponsoringfreie SRG in der Zeitung «Der Bund».
Laut SRG beträgt der Jahresumsatz 1,5 Milliarden Franken. Rund 1,2 Milliarden Franken stammen dabei aus den Empfangsgebühren, die restlichen Gelder aus Werbe- und Sponsoringerträgen. Die Einnahmen der Gebühren werden für die Finanzierung der Radio- und Fernsehprogramme der SRG sowie für konzessionierte private Veranstalter wie Lokalradio oder Privatfernsehen verwendet.
«Gebührengelder müssen reichen»
Reichen die 1,2 Milliarden zur Finanzierung der SRG aus? In seinem Beitrag in «Der Bund» bejaht Bendicht Luginbühl. Mit dem Budget könne man eine «qualitativ hochstehende Versorgung in vier Landesteilen werbefrei sicherstellen». Die hohen Gebührengelder müssten künftig reichen, schreibt er. Zudem ist Luginbühl überzeugt, dass die SRG auf ihren Service-Public-Auftrag fokussieren und die Unabhängigkeit gewährleistet werden kann.
Mit den Forderungen ist er nicht alleine. Die Bürgerlichen hegen schon länger Sympathien für ein Werbeverbot bei der SRG. Bereits 2011 reichte der SVP-Politiker Maximilian Reimann eine parlamentarische Initiative ein mit dem Ziel, Werbung in den Radioprogrammen und im Online-Angebot der SRG zu verbieten. 2016 behandelte der SVP-Politiker Gregor Rutz im Nationalrat die Thematik in einer Fragestunde erneut. Der Bundesrat antwortete damals, das Online-Werbeverbot werde beibehalten. «Erst wenn die Werbeerträge der SRG einbrechen sollten, müsste man die Situation wieder prüfen.»
SVP-Nationalrat Lukas Reimann sagt, er unterstütze die Forderungen Luginbühls grundsätzlich. Dennoch betont er, dass die SRG einen hohen Selbstfinanzierungsgrad brauche. Um die «Gebührenlast» nicht auf die Bürgerinnen und Bürger abzuwälzen, müsse die SRG einen Teil ihrer Einnahmen mittels Werbung generieren und «sich insbesondere bei den Ausgaben und Angeboten auf den Service-Public-Auftrag beschränken, was diesen Auftrag dann stärken würde», so Reimann.
Die SVP hat diesen Frühling die «Halbierungs-Initiative» lanciert, mit der die Haushaltsabgabe und damit auch die Einnahmen der SRG stark gekürzt werden sollen. Die Initiative, die derzeit bei der Bundeskanzlei vorgeprüft wird, verlangt eine Reduktion der Abgabe von 365 auf 200 Franken pro Jahr. Vor vier Jahren war die SRG ebenfalls mit einer Volksinitiative konfrontiert: Die No-Billag-Initiative, welche die Haushaltsabgabe ganz abschaffen wollte, wurde 2018 mit 71,6 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Die Initianten und Initiantinnen der «Halbierungs-Initiative» sehen ihren Ansatz als Mittelweg.
«Sponsoring soll man am besten abschaffen»
Wie kommen Luginbühls Forderungen bei weiteren Nationalräten an? FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen befürwortet ebenfalls die Forderungen. «In der SRG soll kein Sponsoring mehr zulässig sein. Sponsoring im TV und Radio soll man am besten abschaffen.» Laut Wasserfallen soll die SRG zudem ihre Online-Texte massiv reduzieren, denn dort konkurrenziert sie Private, die Geld für ihre Texte verlangen.
Auch die Grünen forderten 2018 eine Abkehr von Werbung und Sponsoring. Und heute noch befürwortet die Nationalrätin und frühere Grüne-Präsidentin Regula Rytz das Anliegen. Damit könne der Service-Public-Charakter der SRG gestärkt werden, sagt Grünen-Nationalrätin Regula Rytz. Werbung und Sponsoring sollte privaten Medien ohne Gebühreneinnahmen vorbehalten sein. Damit die Qualität in allen vier Landessprachen hoch bleiben kann, müsse der Wegfall der Werbegelder voll kompensiert werden.
Finanzielle Lücken könnten laut Rytz durch Zusatzeinnahmen, etwa aus der Besteuerung von digitalen Plattformen, gedeckt werden. Weiter sagt sie «Die Finanzierung darf auf keinen Fall reduziert werden.» Und: Ein Verzicht auf Sponsoring und Werbung beim öffentlichen Rundfunk sei in anderen Ländern verbreitet.
«Das geht nicht auf»
Dem Vorschlag kritisch gegenüber steht hingegen Mitte-Nationalrat Martin Candinas. «Man kann nicht Qualität einfordern, den Service-Public-Auftrag stärken wollen und an den Mitteln schrauben, das geht nicht auf.» Denn reduzierte Sponsoring- und Werbegelder seien gleichbedeutend mit weniger finanziellen Mitteln für den Service-Public-Auftrag, so Candinas. Es sei zudem die Pflicht der SRG, im Rahmen der verfügbaren Mittel aus Gebühren und Werbeeinnahmen den Leistungsauftrag korrekt zu erfüllen und qualitativ hochwertige Inhalte in den Landessprachen zu erstellen. Dort hat die SRG laut Candinas noch Luft nach oben.
Quelle: 20 minuten online, 24.03.2022
Wie die SVP die Halbierungsinitiative mit «Arena»-Boykott voranpeitscht
Vier Zerwürfnisse und ein Ziel:
Wie die SVP die Halbierungsinitiative voranpeitscht
Helene Obrist
Parteimitglieder der SVP wird man bis auf Weiteres nicht mehr in der SRF-«Arena» sehen. Ein weiterer Schachzug im Kampf gegen die SRG – und Stimmungsmache für die Halbierungsinitiative.
«Die SVP verzichtet bis auf Weiteres auf eine Teilnahme an der SRF-‹Arena›» twitterte die SVP Schweiz am Dienstag. In einem offenen Brief prangert die Partei die «groben Entgleisungen» des «Arena»-Moderators Sandro Brotz an. Statt eine ausgewogene Debatte zu ermöglichen, habe sich Brotz als «Richter gegenüber SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi aufgespielt», heisst es im Schreiben.
Es sei nicht das erste Mal, dass sich Brotz Fehltritte leiste und damit eine sachgerechte und neutrale Berichterstattung torpediere. Deshalb fordere die SVP eine Aussprache mit der SRG-Leitung, steht abschliessend.
Der jüngste Vorfall reiht sich in eine Liste von Angriffen seitens der SVP. Die Anfeindungen haben System – und ein bestimmtes Ziel: Stimmungsmache für die Halbierungsinitiative.
Zerwürfnis Nr. 1 oder die Schande von Lugano
Es begann am 1. August 2021. «Schande über RSI» wetterte SVP-Präsident Marco Chiesa an seiner Rede über den italienischsprachigen SRG-Sender. Am Nationalfeiertag luden Chiesa und die Tessiner SVP zur Tagung in Lugano-Sonvico. Nicht mit dabei war RSI. SVP-Präsident Chiesa war «stinksauer», weil der Sender nicht anwesend war und über den Anlass berichtete.
Hunderte von Leuten seien anwesend, die Konzessionsgebühren zahlen und die grösste Partei der Schweiz inklusive Tessiner Präsidenten wählten, aber das Tessiner Fernsehen sei nicht anwesend. «Blödsinn sei das», so Chiesa und Grund genug, über die 200-Franken-Konzessionsgebühr zu sprechen und den Rücktritt des RSI-Informationschefs Reto Ceschi zu fordern.
Seither ist Chiesa bei RSI kaum mehr gesehen. Vorher habe er gute Beziehungen zur Unternehmenseinheit der SRG gepflegt, so RSI-Infochef Ceschi gegenüber CH Media. Eigentlich kenne er den SVP-Präsidenten «sehr gut», so Ceschi weiter. Doch seit Oktober sei Chiesa in keiner Informationssendung von RSI mehr erschienen, «und er spricht auch nicht mehr mit uns», sagte Ceschi.
Die RSI-Vertreter vermuteten dahinter Kalkül: Chiesas Attacken seien Vorboten für einen umfassenden Angriff auf die gesamte SRG und alle Landessender (SRF, RTS, RSI). Sie sollten Recht behalten.
«Wir kritisieren lediglich, dass die SRG als mächtigstes Medium der Schweiz die Welt mehrheitlich aus einer linken Optik beschreibt», sagt Chiesa gegenüber CH Media. «Dies ist in jeder Hinsicht inakzeptabel. Daher dürfte eine Volksinitiative, die eine Halbierung der Zwangsgebühr auf 200 Franken vorsieht, in der Bevölkerung breite Unterstützung finden.»
Zerwürfnis Nr. 2 oder das SRF der «Aktivsten-Sender»
Noch vor dem Chiesa Zerwürfnis mit RSI griff die SVP Schweiz den Deutschschweizer Ableger in einer Medienmitteilung an und bezeichnete das SRF als «links-grünen Aktivisten Sender».
Die Journalisten der Informationssendungen seien zunehmend «ideologisch geleitete Aktivisten». Und dass man in der SRF-Sendung «Club» zum Rahmenabkommen «nur drei EU-Turbos» eingeladen habe, verstosse klar gegen das Ausgewogenheitsprinzip. Darauf folgt die Kampfansage: «Die SVP wird politische Schritte gegen das Schweizer Fernsehen SRF unternehmen.» Der «einseitige» und «links-grüne Aktivisten-Journalismus» müsse gestoppt werden.
Zerwürfnis Nr. 3 oder die SRG als «Freund und Helfer der GSoA»
Zur nächsten grösseren Fehde kam es, als das SRF in einem «Rundschau»-Beitrag Anfang Februar interne Angriffsszenarien vom Verteidigungsministeriums (VBS) für den neuen Kampfjet F-35 thematisierte. In einem Szenario mussten die Kampfjets ins 370 Kilometer entfernte Tschechien fliegen, um dort mittels eines Präventivschlags einen Angriff auf die Schweiz zu verhindern.
Der Beitrag missfiel vielen bürgerlichen Politikern. SVP-Ständerat Werner Salzmann und SVP-Nationalrat Thomas Hurter schickten zusammen mit FDP-Präsident Thierry Burkart dem SRG-Ombudsmann ein Schreiben. Darin kritisieren sie, dass der «Rundschau»-Beitrag das Sachgerechtigkeits- und Transparenzgebot verletzte. Das SRF bezeichneten sie als «Freund und Helfer der Gruppe Schweiz ohne Armee und der unterlegenen Hersteller».
Unterdessen wurde der Beitrag von der SRG-Ombudsstelle gerügt. Weil die Sendung immer wieder fiktive Szenarien in die reale Welt übersetzte, seien Missverständnisse vorprogrammiert gewesen, steht es in der Mitteilung. «Dadurch wurde nicht nur das theoretische Szenario, sondern auch die Meinungsbildung des Publikums verfälscht.»
Das Ziel
Die SVP schiesst aus allen Rohren gegen die SRG. Es begann im Juni vor einem Jahr, als die Partei die öffentlich-rechtlichen Medienschaffenden als «links-grüne Aktivisten» bezeichneten und dauert mit dem jüngsten Zerwürfnis in der «Arena» an.
Dazwischen, Anfang März, lancierte die Partei, zusammen mit dem Schweizerischen Gewerbeverband und den Jungfreisinnigen, die Halbierungsinitiative. Das Volksbegehren fordert, die Serafe-Gebühren für Radio und Fernsehen von 335 auf 200 Franken zu kürzen.
Die Angriffe gegen die SRG sind Stimmungsmache für die Initiative. Denn 2018, als die SVP als einzige grosse Partei die «No Billag»-Initiative befürwortete, scheiterte sie krachend. Das Stimmvolk lehnte die Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren mit deutlichen 71,6 Prozent ab
Dieses Mal lässt die SVP nichts anbrennen. Parteipräsident Chiesa bleibt RSI willentlich fern, in der Deutschschweiz ist man aber empört, wenn Vertreter der Partei nicht in Sendungen eingeladen werden. Die SVP duldet es nicht, wenn Vertreter der Partei mit ihren eigenen Aussagen kritisch konfrontiert werden.
Das Ziel? Eine geschwächte SRG – und volle Aufmerksamkeit für die Halbierungsinitiative.
Quelle: watson.ch, 24.03.2022