Regierungsrats-Podium: nicht hautnah dabei, dennoch gut informiert
Man hat ja inzwischen Übung darin, sich lieb gewonnene Veranstaltungen auf anderem Weg zu Gemüte zu führen als gewohnt. Nach den Solothurner Filmtagen gings auch für das Solothurner Regierungsrats-Podium vor den Bildschirm.
Klar: Pandemiebedingt war nicht daran zu denken, das schon zur Tradition gewordene Regierungsrats-Podium in der Kulturfabrik Kofmehl unter gleichen Bedingungen wie in der Vergangenheit durchzuführen. Das Regionaljournal Aargau Solothurn, Radio 32 und die Regionaltitel der CH Media hatten sich deshalb diesmal mit Jump-TV zusammengetan, um die Veranstaltung per Video-Stream in die Stuben der Bevölkerung zu übertragen. Zudem wurde die erste Stunde auf SRF 4 News live gesendet. In der Kulturfabrik kamen am vergangenen Donnerstagabend nur die Moderatoren – Marco Jaggi (SRF), Balz Bruder (CH Media) und Manfred Joss (Radio 32) – sowie die Kandidierenden zusammen: Die amtierenden Susanne Schaffner (SP), Brigit Wyss (Grüne) und Remo Ankli (FDP) einerseits, die neu antretenden Sandra Kolly (CVP), Richard Aschberger (SVP), Peter Hodel (FDP) und Thomas A. Müller (CVP) andererseits.
In einer ersten Befindlichkeitsrunde fühlte Balz Bruder allen auf den Zahn, wie sie mit der aktuellen Corona-Situation umgehen. Der Austausch über Grenzen des Föderalismus sowie Sinn und Unsinn von bundesrätlichen Weisungen hatte dabei noch mässig Bezug zum Kern des Abends, sollte wohl aber als Runde zum Warmlaufen dienen. Konkreter wurde es dann unter der Leitung von Manfred Joss, als sich die drei Bisherigen zu ihrer Zusammenarbeit im Regierungsrat und zur Bewältigung von Corona in den letzten Monaten äusserten. Remo Ankli über den Vollstopp der Kultur, Susanne Schaffner über ihre exponierte Rolle als Gesundheitsdirektorin und Brigit Wyss als Frau Landammann. Sandra Kolly und Richard Aschberger sowie Peter Hodel und Thomas A. Müller stellten sich dann quasi im Duell den Fragen von Marco Jaggi resp. Balz Bruder. Dabei ging es vom sogenannten Burkaverbot über Deutschkenntnisse bei Einbürgerungen und in der Vorschule bis zu Verkehrsfragen und zur Eignung von Lokalpolitikern für die kantonale Exekutive. Später im Plenum standen dann Kantonsfinanzen, Steuererleichterungen und in einer Schnellrunde viele weitere aktuelle Themen im Mittelpunkt (ein «Kurzprotokoll» der Aussagen gibt’s online bei CH Media nachzulesen).
Eine Auflockerung in der politischen Auseinandersetzung brachte ein Intermezzo, das die SRG Aargau Solothurn finanzierte: Jede/r Kandidierende sollte sich aus einem Sortiment von Atemschutzmasken mit unterschiedlichen Motiven ihren bzw. seinen Favoriten aussuchen. Dass Vollblutpolitiker auch dies nicht gänzlich privat, sondern durchaus politisch motiviert tun, schien Balz Bruder dabei zu überraschen. Für den Lacher des Abends sorgte hier Remo Ankli, der sich eine Maske mit Kussmund aussuchte. Wer sonst noch welche Maske aussuchte, wieso und was sonst noch diskutiert wurde, kann in der Aufzeichnung des Podiums nachgeschaut werden.
Eindreiviertel Stunden dauerte das Gespräch, was vor dem Bildschirm, wenn es kein packender Krimi ist, doch etwas lang ist. Live in Zuschauerrängen mag das anders wirken, aber gerade bei den Szenenwechseln – vom Plenum in die «Duelle» resp. zurück, zur Maskenauswahl, bei Moderatorenwechseln – dauerte es relativ lange, bis es wieder zur Sache ging. (Ein Tipp für alle, die das Podium nachschauen möchten und nicht zwei Stunden opfern wollen: Lässt man das Video im 1.75-facher Geschwindigkeit laufen, kriegt man noch immer bestens alles mit!) Aber auch unter diesen ungewohnten Bedingungen lieferte das Podium, was man sich aus den Vorjahren gewohnt war: einen Wegweiser für die Wahlen in rund einem Monat. Ich jedenfalls weiss nun, wen ich (wieder-)wähle.
Hier geht’s zur SRF-Wahlberichterstattung im Hinblick auf die Solothurner Wahlen.