Die Direktorin traf den Kritiker
Ist SRF auf dem richtigen Weg in die Zukunft? Entspricht das Programm dem Auftrag des Bundes und den Erwartungen des Publikums? Und: Bleibt die Finanzierung gesichert? Unter anderem um diese Fragen ging es beim ersten persönlichen Treffen von SRF-Direktorin Nathalie Wappler und einem ihrer grössten Kritiker, dem CH-Media-Journalisten Francesco Benini.
Francesco Benini ist medieninteressierten Menschen praktisch in der ganzen Deutschschweiz ein Begriff. Seine SRG-kritischen Artikel in den zahlreichen CH-Media-Titeln erregen Aufsehen, ganz besonders bei Mitgliedern der Mitgliedgesellschaften der SRG Deutschschweiz – so sehr, dass er durchaus Thema in den jeweiligen Generalversammlungen ist. Umso überraschender, dass der Journalist und die SRF-Direktorin Nathalie Wappler noch nie direkt miteinander gesprochen haben.
Die SRG Aargau Solothurn lud deshalb die beiden zum Meinungsaustausch ins Stapferhaus nach Lenzburg ein. Das Gespräch leitete Hannes Britschgi, der nach einer Karriere bei SRF (unter anderem als Leiter und Moderator der Rundschau) zu Ringier wechselte, wo er bis vor kurzem auch die Journalistenschule leitete.
Beninis Hauptkritikpunkt ist der Abgang zahlreicher bekannter, erfolgreicher Journalistinnen und Journalisten bei SRF. «Sie gingen nach ihrem Antritt mit der Axt durchs Haus Leutschenbach», warf er Wappler vor. Diese konterte mit dem Hinweis auf den Transformationsprozess, den sie zwangsläufig anstossen musste: «Wir haben Geld neu verteilt, zugunsten der Information und der neuen Medien.» Dies in einer Zeit, in der die Mittel aus den Haushaltsgebühren vom Bundesrat auf der jetzigen Höhe gedeckelt wurden und die Einnahmen aus der Werbung immer weniger werden.
Wappler hielt fest: «Dieser Umbau ist geglückt: Wir sind erfolgreich im investigativen Journalismus, und wir erreichen viele Jugendliche über neue Kanäle und Formate.» Benini hielt dagegen, dass die Zahl der Follower teils nur bei rund 20 000 liege. Doch Wappler konterte, die Inhalte würden jeweils über verschiedene Kanäle verbreitet, womit in der Grössenordnung von 250 000 Personen sie sehen – eine Zahl, die andere Medienunternehmen kaum erreichen.
Ein längeres Hin und Her gab es auch um die Frage, ob die Umstellung der Wirtschaftssendung «Eco» auf ein Interviewformat ein inhaltlicher Abbau sei. Wappler wies auf die Radiosendung «Samstagsrundschau» hin, die seit vielen Jahren ein beliebtes und erfolgreiches Interview ist, zuvor aber als Magazin ausgestrahlt wurde.
Aus dem Publikum gab es sowohl Unterstützung als auch Kritik für Wappler. Positiv wurde vermerkt, dass SRF heute als internationales Vorbild gelte, wenn es um Fragen der Transformation klassischer öffentlich finanzierter Medienhäuser gehe. Ein anderer Redner kritisierte hingegen die Satire-Sendungen als durchwegs linkslastig. Wappler hielt dagegen, dass die Satiresendungen der Kulturfreiheit unterstehen, was auch durch Ombudsstelle und Beschwerdeinstanz weitgehend gestützt werde. Selbst Francesco Benini vertrat die Meinung, dass bei SRF kein genereller Linksdrall sichtbar sei. Er kritisierte jedoch, dass die Journalistinnen und Journalisten zu häufig regierungsfreundlich auftreten. Hier würde er eine kritischere Haltung erwarten.
Als letzten Diskussionspunkt griff Britschgi die laufende Initiative aus der SVP und befreundeten Kreisen auf, die die Haushaltsgebühren auf 200 Franken senken will. Kernfrage dabei war, was Service public ist und was er kosten darf. Benini stellte sich zwar gegen die Initiative, erinnerte aber daran, dass die frühere Medienministerin Doris Leuthard angekündigt hatte, die Abgabe mittelfristig auf 300 Franken zu senken. Angesichts der steten Zunahme an Haushaltungen in der Schweiz komme genügend Geld zusammen, betonte er. Darüber hinaus vertrat er die Meinung, SRF müsse sich stärker auf die Bereiche Information, Kultur und Bildung konzentrieren und bei der Unterhaltung abbauen. Wappler stellte sich klar gegen diese Forderung: «Unterhaltung ist im Auftrag des Bundes klar enthalten, sie bietet uns aber auch Möglichkeiten, Informationselemente an Leute zu bringen, die beispielsweise über Serien besser erreicht werden.» Als Illustration nannte sie die Serie «Neumatt», die über weite Strecken den Umbruch in der Schweizer Landwirtschaft thematisiert. Sie stellte fest: «Wenn wir das nicht machen, macht es niemand!»