BERN ODER ZÜRICH? BASEL, BERN UND ZÜRICH!

Zwei Themen beherrschten 2019 den medienpolitischen Diskurs. Erstens: Von welchen Standorten aus soll die SRG ihren audiovisuellen Service public leisten? Die geplante teilweise Verlegung des Radiostudios von Bern nach Zürich wurde 2019 in den Regionen kontrovers diskutiert. Zweitens: Die neue Medienministerin Simonetta Sommaruga versenkte das von ihrer Vorgängerin Doris Leuthard lancierte, umstrittene Mediengesetz. Im Fokus stehen jetzt Massnahmen zur künftigen Medienförderung.

Auch 2019 spürte die SRG die Folgen der «No Billag«-Abstimmung. Neben dem gedeckelten Gebührenanteil nach neuem System zwingen rückläufige Werbeeinnahmen zum Sparen bei Infrastruktur und Administration. Das von der SRG-Spitze 2018 angekündigte Sparprogramm in dreistelliger Millionenhöhe gilt es weiterhin umzusetzen. Auch das Programm wird dabei nicht verschont. Es wird weitere Abstriche geben, aber man hofft, dies teilweise durch effizientere Produktionen auffangen zu können, wenn beispielsweise Live-Sport nicht vor Ort, sondern aus dem Studio moderiert wird. Gleichzeitig investiert die SRG an neuen Standorten, baute einen Newsroom in Zürich und eröffnete am Basler Bahnhof den neuen SRF Kultur-Leuchtturm im Meret-Oppenheim-Hochhaus. Viele Veränderungen gab es in den Strukturen im Unternehmen, darunter nicht zuletzt der Antritt von Nathalie Wappler in ihrem Amt als neue SRF-Direktorin, mit Plänen für den Umbau von SRF und einer neuen Audiostrategie in der Tasche.

Die Debatte ums Radiostudio Bern
Dass eine gesetzlich alimentierte Institution zum Spielball der Politik werden kann, erlebte die SRG auch 2019 mit der Einmischung des Parlaments in unternehmerische Entscheidungen. Der Plan, grosse Teile der Berner Radioredaktionen nach Zürich zu verlegen, um trimediale Synergien zwischen Radio-, Fernseh- und Onlineproduktion zu verstärken, kam heftig unter die Räder. Die geplante «Züglete» sorgte nicht nur für grosse Unruhe in den Redaktionen selbst, sondern rief Gewerkschaften, Parlamentarier und Organisationen wie den eigens gegründeten Verein «Pro Idée Suisse» auf den Plan, die sich gegen ein vermeintliches Zürcher Meinungsmonopol und für eine dezentrale Programmproduktion einzusetzen. Die Sorge, dass die Meinungsvielfalt und die Berichterstattung aus den Regionen leiden könnten, trieb politische Kreise über alle Parteigrenzen hinweg um. Diskutiert wurde sogar, die Produktionsstandorte im Radio- und TV-Gesetz festzuschreiben. Diese Einmischung der Politik ins operative Geschäft zwang die SRG schliesslich, dem öffentlichen Druck zumindest teilweise nachzugeben. Radio-Flaggschiffe wie «Echo der Zeit», «Rendez-vous» und «Tagesgespräch» werden im Berner Hafen verankert, so auch die Inland- und die Auslandredaktion. Der Sender SRF 4 News aber wird wie vorgesehen in die Nachrichtenredaktion nach Zürich verlegt.

Sommaruga setzt neue Schwerpunkte
Simonetta Sommaruga beschliesst im Sommer, den schon in der Vernehmlassung stark kritisierten Entwurf des neuen Mediengesetzes von Doris Leuthard nicht weiterzuverfolgen, sondern Anpassungen im bestehenden Gesetz vorzunehmen. Ihr geplantes Massnahmenpaket zur Medienförderung umfasst einerseits die Erhöhung der indirekten Presseförderung mittels vergünstigter Posttarife um 20 Millionen Franken. Weiter sollen neu auch Online-Medien direkt unterstützt werden, zudem verspricht sie Infrastrukturhilfe für die Aus- und Weiterbildung der Medienschaffenden. Ihre Vorschläge werden von weiten Kreisen begrüsst – wie es mit der demokratierelevanten Journalismusförderung konkret weitergeht, wird sich erst noch zeigen.

Die Diskussion um die Rolle und den Auftrag der SRG geht weiter, das zeigen jüngste politische Forderungen nach einem Ende des Sparprogramms und einem höheren Gebührenanteil für die SRG von der einen Seite und Ideen zur Gebührenhalbierung und Ähnlichem von der anderen. Sogar von einer zweiten «No Billag»-Initiative ist in gewissen Kreisen schon die Rede.

Die SRG ist es gewohnt, dass man über sie kontrovers diskutiert. Das ist für unsere demokratierelevante Institution auch gut und richtig so. Schliesslich hat die SRG ihre Aufgabe für die gesamte Schweizer Bevölkerung zu erfüllen. Egal, ob diese in Basel, Locarno und Genf fernsieht, in Untersiggenthal und Mendrisio das Radio anstellt oder im Zug im Engadin oder entlang dem Lac de Neuchâtel online ist.

Rolf Schöner
Ressort Medienpolitik und -kritik