11 Fragen an Maja Graf
1. Warum sind Sie der SRG Aargau Solothurn beigetreten?
Nach dem grossen Scheitern der „No Billag“ – Initiative 2018 wird jetzt 2026 die Halbierungsinitiative zur Abstimmung kommen. Dabei soll die Haushaltabgabe von 335 auf 200 Franken pro Jahr gesenkt und die Unternehmensabgabe abgeschafft werden. Das Schweizer Radio und Fernsehen verlöre so einen erheblichen Teil seiner Einnahmen. Bereits ohne Abstimmung entschieden ist ja, dass die SRG ihr Budget um 17 Prozent kürzen muss, eine folgenschwere Anpassung ist seither im Gange. Wird aber das Programm massiv ausgedünnt brechen auch Werbung und Sponsoring ein.
Aufgrund dieser Infos wurde mir schlagartig bewusst, dass wir jetzt alle Farbe bekennen und unsere öffentlich-rechtlichen Medien als Service public unterstützen müssen, dies gerade in Zeiten, in denen die Medienvielfalt massiv zu schrumpfen droht und sich Desinformation ausbreitet. Sicher ist, ein qualitativ hochstehender, unabhängiger und faktenorientierter Journalismus kostet viel Geld, ist aber das Fundament einer funktionierenden Demokratie.
Rechtspopulistische Parteien sehen öffentliche-rechtliche Medien als Teil einer` korrupten Elite` an, die gegen die Interessen des `Volkes` arbeitet. Sie scheinen sich aber im Grunde daran zu stören, dass eine möglichst grosse Vielfalt der Gesellschaft abgebildet wird. Ich bin davon überzeugt, dass die SRG immer noch eine identitätsstiftende Wirkung in unserem Lande hat, sich um neutrale, faktenorientierte Berichterstattung bemüht und mit Einbezug der verschiedenen Sprachregionen den Zusammenhalt im Lande stärkt.
Nach einer Untersuchung, die eine Unistudentin während der Pandemie durchführte, holten sich in Zeiten der Verunsicherung wieder erstaunlich viele Junge Informationen über die Kanäle der SRF ein. Auch wenn dies nachher wieder abflaute, eine gewisse Glaubwürdigkeit, Orientierung und somit Sicherheit schienen sie durch die SRF-News zu finden. Laufend entstehen aktuell neue Informationsformate auf verschieden Plattformen, mit denen SRF auch die `Digital Natives` ansprechen möchte, eine wichtige Aufgabe.
2. Was ist Ihr Lieblingsprogramm, Ihre Lieblingssendung von Radio oder Fernsehen SRF?
Sternstunde Philosophie und Kunst - Tagesschau / Arena – SRF Dok – # SRF GLOBAL – SRF Wissen - Persönlich – Focus SRF 3 – Input – Literaturclub – Rendez-vous, Echo der Zeit, Tagesgespräch…
3. Gibt es bei anderen Anbietern noch etwas, das Sie lieber sehen oder hören?
Z.B. Sendung von Sandra Maischberger, Diskussionsrunde; HART ABER FAIR im 1. Deutschen TV; div. Spielfilme auf ARTE (im SRF leider eher bescheidenes Angebot an aktuellen, qualitativ hochstehenden Spielfilmen); ARTE-Journal…
4. Wie haben sich Ihre Mediengewohnheiten in den letzten Jahren verändert?
Mehr Info- Sendungen (Politik, Wissen, Gesellschaft), weniger Unterhaltung
5. Haben Sie sich jemals bei SRF oder beim Ombudsmann beschwert?
Bis jetzt nie.
6. Freuen Sie sich auf die weitere Entwicklung in der Medienwelt oder haben Sie eher Bedenken? Weshalb?
Der Kampf um Macht und Vorherrschaft in den digitalen Medien macht mir Sorgen. Es scheint immer undurchsichtiger, wer eigentlich gegen wen und um was kämpft. Über digitale Monopole kontrollieren Autokraten und Tech-Konzerne zunehmend die öffentliche Meinung, beeinflussen deren Denkinhalte im Zusammenarbeit mit wirtschaftlichen Interessensverbänden. Social Media droht die demokratischen Strukturen zunehmend zu untergraben, es braucht dringend mehr Regulierungen, um die digitale Unabhängigkeit wieder zu erlangen. Akteure als Sender müssen erkennbar sein und zur Rechenschaft gezogen werden können. Kinder und Jugendliche brauchen mehr Schutz vor Beeinflussung und Überflutung durch nicht altersgerechte und teilweise faktenfremde Inhalte.
Positiv sehe ich die neue Veranstaltungsreihe „SRG.Diskutiert“, die in diesem Herbst in der Deutschschweiz startet. Im Zentrum der Talkreihe sollen aktuelle Themen rund um die Rolle der Medien in der Gesellschaft stehen. Dabei stehen Stimmen aus der Politik, Wissenschaft und Kultur im Austausch mit dem Publikum. Neben mehr Medienkunde in den Schulen ist dies ein wichtiger Versuch, mehr Menschen für das wichtige Thema zu sensibilisieren!
7. Wie möchten Sie selbst auf diese Entwicklung einwirken und was möchten Sie damit erreichen?
Als Psychotherapeutin werde ich immer wieder mit Überforderungen und Ängsten der Jugendlichen aufgrund Desinformationen, Fake News in Artikeln, Bildern und Videos oder Social-Media-Posts konfrontiert. Da bin ich froh, auf faktenorientierte Informationsquellen hinweisen zu können.
8. Können Sie uns ein Buch, einen Film, ein Musikstück empfehlen?
Mich beschäftig gerade das Buch „Krieg der Medien“ des Medienwissenschaftlers Martin Andree. Er warnt darin vor einem immer härter werdenden Kampf um Macht und Vorherrschaft in den digitalen Medien, sehr eindrücklich und sehr beunruhigend.
9. Was fehlt Ihnen zum Glück?
Mehr Solidarität und Mitgefühl unter uns Menschen, dies ohne Resignation und Schockstarre, im Sinne von „Du hast keine Chance, aber nutze sie“. Ansonsten sammle ich täglich kleine Glücksmomente und bin dankbar dafür.
10. Wie viel Heimat brauchen Sie?
Viel Vertrautes im Dialog mit meinen Nächsten, um Kraft zu gewinnen, das Fremde und mir Unverständliche zu erkunden, zu verstehen, manchmal auch aushalten und in meine Welt integrieren zu können. Heimat in einer Gesellschaft, deren Regeln ich kenne und die den Zusammenhalt fördert, das Gefühl, dazu ein kleines Bisschen beitragen zu können.
11. Möchten Sie unsterblich sein?
Keinenfalls, seit meiner frühen Lektüre von Simone de Beauvoir „ Alle Menschen sind sterblich“ schon gar nicht mehr.
Fragen zur Person:
Maja Graf
70 Jahre
Aarau
Psychotherapeutin (Teilzeit)
Mitglied SRG AG SO seit Mai 2025