Medien zwischen Konkurrenzkampf und Kooperation
Über die Entwicklungen im Medienbereich sind sich alle einig, genauso über eine zwingende Kooperation. Wie aber die Verteilung der öffentlichen Gelder aussieht und was ein öffentliches Medienhaus im Sinne des Service public leisten muss, darüber schieden sich auch gestern Abend in Baden die Geister.
Am gestrigen Schlossgespräch der SRG Aargau Solothurn (SRG AG SO) im Rotturmsaal in Baden diskutierten Otfried Jarren, Professor für Publizistikwissenschaft Universität Zürich und Präsident der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK), Peter Wanner, Präsident des Verwaltungsrates der AZ Medien AG und Verleger, und Roger de Weck, Generaldirektor SRG SSR. Das Gespräch führte Peter Moor-Trevisan, Präsident der SRG AG SO.
Die Zukunft des Journalismus
Zu Beginn des Gesprächs legten alle Beteiligten ihren Standpunkt dar. Dabei konzentrierte sich Jarren auf die Bedeutung eines von Politik und Wirtschaft unabhängigen Journalismus: „Ein sicherer, qualitativ hochstehender und unabhängiger Journalismus ist ein öffentliches Gut.“ Dieser Journalismus werde aber immer schwieriger zu finanzieren. Es sei deshalb unumgänglich, neue Wege zur Vermarktung zu finden. De Weck betonte, dass seiner Meinung nach das Bestehende – das Gebührenmodell und die dadurch finanzierte SRG – reformiert, aber nicht grundsätzlich geändert werden müsse. Wanner sieht die Herausforderung unserer Zeit in der digitalen Transformation, von der alle Branchen betroffen seien. „Die Zukunft des Journalismus sind digitale Plattformen. Eine gute Versorgung mit Informationen ist im Interesse aller, man muss aber auch wissen, wo sie zu finden ist.“
Wie weit soll der mediale Service public gehen?
Grundsätzlich unterschieden sich die Positionen gestern Abend nicht. Wanner stellt nicht die gebührenfinanzierte SRG in Frage, aber deren Auftrag und Grösse. De Weck sieht die Notwendigkeit der Diskussion um den Auftrag der SRG und betont, wie wichtig auch die privaten Verleger im gesamten Medienumfeld seien. Allerdings gehen die Ansichten über den Umfang des öffentlichen Auftrags stark auseinander. So findet Wanner, die SRG solle sich auf ein bis zwei Fernsehsender pro Sprachregion beschränken. "Und ein Marktanteil von 66% bei den Radios ist viel zu hoch, die SRG muss 30% einsparen und den Privaten mehr überlassen.“ Darauf reagierte de Weck mit vielen Fakten zu Einsparungen im Unternehmen SRF in den letzten Jahren: „Wir sind dabei, 250 Stellen abzubauen. Wir haben 12% der Gelder von der Verwaltung ins Programm verschoben und wir haben die Umstellung der Pensionskasse vom Leistungs- zum Beitragsprimat aus eigenen Mitteln finanziert.“ Allerdings erachtet es de Weck als unabdingbar, dass die 17 Radiosender der SRG beibehalten werden. „Nur mit dieser Angebotspalette erreichen wir alle Alters- und Interessengruppen und alle Sprachregionen gleichermassen.“
Wanner stellte daraufhin in den Raum, man könne Fernsehen auch mit 50 Millionen Franken machen. „Natürlich nur ein Programm und nur für die Deutschschweiz, aber es ist möglich. Ich sage aber nicht, dass wir das machen wollen.“ Auf die anschliessende Frage aus dem Publikum, wie er denn einen Abend auf einem Fernsehkanal gestalten würde, wollte Wanner keine direkte Antwort geben. „Dies wäre Aufgabe der Programmverantwortlichen, ich kann das nicht.“
Was bringen die nächsten Jahre?
Jarren strich die massiven Reichweitenverluste heraus, die die Medien in nächster Zeit in Kauf nehmen müssten. „Es wird eine massive Marktverschiebung durch UPC, Netflix und weitere finanzstarke Anbieter geben. Wer finanziert dann noch die Dinge, die wir wollen?“, so seine düstere Prognose. Aus diesem Grund hält er ein Weiterbestehen eines öffentlichen Medienhauses für absolut notwendig und die damit verbundene Marktverzerrung als vertretbar.
De Weck sieht die Lösung für die Zukunft in der starken Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Medienhäusern im Einkauf von Inhalten, in der Vermarktung der Werbeplätze und in der Verbreitung. „Die Zusammenarbeit zwischen Privaten und RTS funktioniert in der französischsprachigen Schweiz bereits bestens. Nach der aktuellen Konfrontationsphase wird dies auch in der Deutschschweiz der Fall sein.“
Wanner möchte die öffentlichen Gebühren beibehalten, in welchem Umfang sei dahingestellt. Allerdings sollten diese anders verteilt werden, denn „die Refinanzierung von gutem Journalismus ist das Hauptproblem und darin sollten die Privaten unterstützt werden“, meinte er.
Zum Schluss zog de Weck vor Wanner den Hut: „Was Wanner beispielsweise mit Watson gewagt und geschafft hat, ist vorbildlich. Es braucht in der Schweiz auch in Zukunft mehr Verleger, die bleiben, als solche, die gehen.“
Bildlegende:
Von links: Peter Moor-Trevisan, Otfried Jarren, Peter Wanner und Roger de Weck im Gespräch.
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