Journalismus fürs Publikum
Wie müssen Nachrichten und Informationen aufbereitet sein, damit sie bei Zuhörerinnen und Zuhörern ankommen? Die Programmkommission der SRG Aargau Solothurn hat die Berichterstattung des Regionaljournals Aargau Solothurn unter die Lupe genommen und sich gefragt, ob man nahe genug am Publikum berichtet.
Über Dinge berichten, welche die Bevölkerung beschäftigen. Das machen Nachrichtenredaktionen Tag für Tag. Doch tun sie es so, dass der Inhalt bei der Zuhörerschaft ankommt? Die Redaktion des Regionaljournals Aargau Solothurn setzte sich 2017 zum Ziel, aus Sicht der Betroffenen, «von der Front» und nahe am Publikum zu berichten. Anhand ausgewählter Beiträge machte sich die Programmkommission (PK) der SRG Aargau Solothurn auf, diesen Vorsatz zu prüfen.
Sie kam in der Beobachtung zum Schluss, dass verschiedene Aspekte die Wahrnehmung beeinflussen, ob ein Bericht publikumsnahe umgesetzt wird. Zum einen würden neben der Wahl der Themen an sich die Sprache und Tonalität den Eindruck massgeblich prägen: Sind sie distanziert, in unpersönlichen Formulierungen und Passivkonstruktionen? Wird in Interviews nachgehakt, wenn die Frage nicht ausreichend beantwortet wurde? Hier kam die PK zum Schluss, dass die Stimme der Redaktion klar von Aussagen und Mitteilungen beispielsweise von Behörden abgegrenzt und die Eigenständigkeit der Redaktion klar ersichtlich ist. Da und dort wünschten sich die PK-Mitglieder aber etwas mehr Direktheit in der Sprache oder – in Interviews – Beharrlichkeit im Ergründen der gestellten Frage.
Auch die Wahl der Themen beeinflusst die Wahrnehmung, wie «nahe» am Publikum eine Redaktion berichtet. Die Redaktion setze grundsätzlich auf die richtigen Themen, stellte die PK fest. Sie fragte sich aber, ob jeder politische Meinungsbildungsprozess einen Beitrag mit viel Sendezeit wert ist. Vielleicht sei hier zugunsten von Schwerpunkten in der Berichterstattung weniger mehr – ob inhaltlich oder bezüglich Sendezeit. Eine Kurzmeldung würde oft ebenso viel aussagen, wie ein dreiminütiges Moderationsgespräch.
Einfluss auf die Frage, ob ein Thema nahe genug am Publikum wirkt, hat auch die Gestaltung des Beitrags; dass ein Beitrag beispielsweise nicht einfach vom Schreibtisch aus entsteht. Ein Beitrag über die Akzeptanz einer geplanten neuen Verkehrsführung etwa wäre wohl attraktiver und näher am Publikum, würde ein Reporter vor Ort auf Stimmenfang gehen. Auch in anderen Fällen könne sich die Hörerschaft sofort ein konkreteres Bild machen, befand die PK, wenn Betroffene selbst zu Wort kommen und das Thema aus ihrer Sicht und mit ihren Worten darstellen. In der Diskussion mit den Sendungsverantwortlichen kam man in dieser Frage schnell auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen der Redaktion: Mit insgesamt drei Reportern, welche während des ganzen Tages inklusive Abend für Ausseneinsätze zur Verfügung stehen, liege es zeitlich nicht immer drin, Betroffene ausfindig zu machen, zu kontaktieren und zu Wort kommen zu lassen. Die Mitglieder der Programmkommission attestierten der Redaktion hier die richtige Prioritätensetzung: Dass Betroffene direkt zu Wort kommen, könne zwar Hörernähe vermitteln, es sei aber nicht immer notwendig oder sinnvoll. Etwa, wenn damit auch eine «Boulevardisierung» oder Banalisierung des Inhalts stattfindet. Sachinformation ist noch immer wichtiger als Betroffenheitsjournalismus. Insbesondere, betonten die PK-Mitglieder, seien direkt zu Wort kommende Betroffene nicht als Bestätigung einer sachgerechten Berichterstattung nötig. Die Journalisten von SRF würden diesbezüglich grosses Vertrauen geniessen.
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