Wieso Sparen dumm macht

Quelle: Imago/Michael Schöne

Als vierte Gewalt in einer Demokratie kommt den Medien – genauer, dem Journalismus – eine wichtige Bedeutung in einem Staat zu. Eine gut funktionierende Demokratie bedingt Bürgerinnen und Bürger, die gut informiert sind. Das trägt zur Meinungsbildung bei und ermöglicht Debatten über politische Themen, über Veränderungen in der Gesellschaft und in der ganzen Welt. Gut informierte Menschen helfen der Demokratie, schlecht informierte untergraben letztlich das Prinzip, dass alle mitbestimmen können und sollen. Schlecht informierte Menschen überlassen das Feld jenen, die sich informiert haben und/oder bestimmte Absichten verfolgen. Oder etwas pointiert formuliert: Gut informierte Bürgerinnen und Bürger sind Feinde des Populismus.

Damit der Journalismus seine Aufgabe wahrnehmen und uns zu guten Bürgerinnen und Bürgern machen kann, muss er unabhängig von anderen Interessen operieren und gut arbeiten können. Gut heisst in dem Fall auch: mit ausreichend Zeit und Geld, um Hintergründen nachgehen zu können und nicht einfach an der Oberfläche zu kratzen. Mit gut ausgebildeten Journalistinnen und Journalisten, die ihr Handwerk verstehen, es mit Begeisterung ausüben und sich ihrer Bedeutung bewusst sind.

Doch in Zeiten, in welchen er unter optimalen Bedingungen arbeiten können sollte, steht der Journalismus zunehmend unter Druck. Nicht nur bei SRF, sondern überall auf der Welt und in der ganzen Schweiz: CH Media, die in den Kantonen Aargau und Solothurn medial dominieren, haben Ende letzten Jahres den Abbau von 140 Vollzeitstellen angekündigt. In den Radioredaktionen von Radio 32 und Radio Argovia sitzt jeweils nur noch eine Person (vgl. hier). Tamedia hat ebenfalls den Abbau von 48 Vollzeitstellen angekündigt (vgl. hier), Ringier wird deren 55 abbauen (vgl. hier). Ende letzten Monat hat auch SRF neuerlich angekündigt, 70 Vollzeitstellen abbauen zu müssen. Es war nicht die erste Abbauankündigung – und es wird auch nicht die letzte gewesen sein. Denn diese Ankündigung hatte beispielsweise noch nichts mit dem Entscheid des Bundesrates zu tun, die Mediengebühr schrittweise auf 300 Franken zu senken.

Fabian Gressly: Co-Präsident SRG Aargau Solothurn & Präsident der Kommission für Programmbeobachtung SRG Aargau Solothurn

Die SRG Aargau Solothurn unterstützt die Tätigkeit der SRG in unserer Region. Das heisst auch, dass wir uns für den medialen Service public in unseren beiden Kantonen einsetzen und dafür, dass die Journalistinnen und Journalisten in Aarau und Solothurn ihre Arbeit so tun können, dass die Bevölkerung in den beiden Kantonen gut informiert ist. Wenn ich in den 14 Jahren meiner Tätigkeit für die SRG sehe, wie sich die Arbeitsbedingungen für die Journalistinnen und Journalisten des Regionaljournals Aargau Solothurn und die Fernsehkorrespondent:innen verändert haben, beschleicht mich ein mulmiges Gefühl. Die Redaktorinnen und Redaktoren haben in den letzten Jahren Arbeiten im Betrieb übernommen, welche die Kapazitäten für ihren Kernauftrag reduzieren. Statt Themen zu recherchieren und journalistische Inhalte zu produzieren, werden Telefondienst geleistet oder andere Sekretariatsarbeiten übernommen. Ganz zu schweigen davon, dass der Wandel des Medienkonsums die journalistische Arbeit selbst vielschichtiger gemacht hat: Von online-Dienst bis zur Produktion von Inhalten ausserhalb des linearen Radiokanals für z.B. News-App oder Website. Jede unvorhergesehene Absenz, etwa krankheitshalber, bewirkt, dass alle Verbleibenden zusätzliche Dienste übernehmen, Überstunden machen.

Haben wir ein Interesse an einer intakten Demokratie, gilt es die vierte Gewalt zu unterstützen und zu stärken, statt sie zu schwächen. Die Entwicklungen der letzten Jahre, das stete Ausdünnen der journalistischen Arbeit, gefällt mir bei allem Verständnis fürs Sparen und Schonen des Geldbeutels nicht. Eine Kürzung der Mediengebühr um nicht einmal 10 Rappen pro Tag und Haushalt ist meines Erachtens das falsche Zeichen. Es macht uns – wieder pointiert formuliert – dümmer.

Während auch andere Medienhäuser solches Engagement zur Unterstützung des Journalismus bräuchten, kann ich mich bei der SRG für dieses Ziel einsetzen. Als Bezahler der Mediengebühr, als Co-Präsident der SRG Aargau Solothurn und als Mitglied im Verein.

Autor: Fabian Gressly

Weitere Neuigkeiten