Jungpolitiker:innen auf Studioführung: Mehr als nur 16 Minuten Sendezeit
In etwas mehr als zwei Wochen wählt der Kanton Aargau den Regierungsrat und den Grossen Rat neu. Auf den Strassen hängen die bunten Wahlplakate, der Wahlzettel liegt daheim schon bereit, und überall hört man die Frage: "Hesch scho gwählt?" – es ist Wahlstimmung in der Luft. Wer in den letzten Wochen das Regionaljournal Aargau Solothurn eingeschaltet hat, weiss das auch: Die chancenreichsten Regierungsratskandidat:innen kamen zu 16-minütigen Live-Gesprächen ins Studio. Begleitend dazu organisierte die SRG Aargau Solothurn bei drei dieser sieben Gespräche spezielle Studioführungen für Jungpolitiker:innen. Eingeladen waren alle Grossratskandidat:innen unter 35 Jahren – eine Gelegenheit, hinter die Kulissen der Medienarbeit zu blicken.
Nach einer kurzen Einführung in die redaktionelle Arbeit und die Struktur der SRG führte uns Marco Jaggi, Redaktionsleiter des Regionaljournals, durch die Studios. Dabei wurden spannende Einblicke in die journalistische Praxis geboten: Wie schneidet man eine halbstündige Gemeinderatsdebatte auf anderthalb Minuten zusammen? Wie trennt man das Wichtige vom Nebensächlichen? Und was sind die entscheidenden Kriterien für relevante Berichterstattung? Diese Fragen wurden direkt in den Studios diskutiert und praktisch vorgeführt.
Anschliessend ging es in die Regie, wo die Jungpolitiker:innen gespannt das Live-Gespräch verfolgten. Die Gruppe war politisch bunt gemischt, doch eines einte sie: Der konzentrierte Blick, der zwischen Live-Gespräch, Technik und Moderation hin und her wanderte. Nach den Interviews gesellten sich die jeweiligen Regierungsratskandidat:innen mit den Moderator:innen zu uns für ein kleines Debriefing. Fragen wie "Fühlten Sie sich fair behandelt?", "Wie wichtig sind solche Medienauftritte für Sie?" oder "Wie haben Sie das Interview erlebt?" wurden offen diskutiert. Die Jungpolitiker:innen hatten dabei die Gelegenheit, ihre eigenen Fragen zu stellen, auch wenn einige noch etwas zurückhaltend waren.
Im Anschluss zog die ganze Gruppe – inzwischen bestehend aus Jungpolitiker:innen, SRG-Vorstandsmitgliedern, Journalist:innen und den Live-Gästen – ins "LaSpezia", wo bei einem Apéro aus Pizza und Getränken munter weiter diskutiert und vernetzt wurde.
Wer schon länger Mitglied der SRG Aargau Solothurn ist, erinnert sich vielleicht an ähnliche Angebote – zuletzt etwa im Rahmen der Nationalratswahlen 2023. Warum diesmal nur für junge Leute? Nun, unser Ziel war es, den lokalen Journalismus einer jüngeren Generation näherzubringen und diesen besser zugänglich zu machen. Das Durchschnittsalter der Regionaljournal-Hörer:innen liegt bei 65 Jahren – doch Regionaljournalismus ist auch für die Jüngeren relevant. Gerade in Zeiten der Meinungsbildung braucht es Medien, die aus regionaler Perspektive informieren. Für Jungpolitiker:innen, die meist am Anfang ihrer Karriere stehen, können Medienauftritte entscheidend sein. Mit den Studioführungen wollten wir nicht nur zeigen, wie SRF arbeitet, sondern auch eine Plattform schaffen, auf der junge Politiker:innen politische und medienpolitische Themen diskutieren und wertvolle Kontakte knüpfen können. Zudem hatten sie die Möglichkeit, ihre Fragen zum Service Public direkt an uns zu richten – und so ein tieferes Verständnis für die journalistische Arbeit und deren Bedeutung zu entwickeln.
Welche Eindrücke blieben nun also hängen? Im Vorfeld hatten wir uns über die geringen Anmeldungen gewundert – ein Problem, das bei früheren, altersunbeschränkten Angeboten nicht auftrat. Ist das Interesse am SRF bei den Jüngeren geringer? Sind wir als SRG zu wenig zugänglich? In den Gesprächen stellte sich heraus: Nur wenige hören das Regionaljournal noch über das lineare Radio. Zudem war vielen nicht klar, dass SRF und SRG zwei verschiedene paar Schuhe sind und gleichzeitig wiederum nicht – spätestens nach der Führung war das aber allen bewusst. Positiv fiel auf: Viele der Jungpolitiker:innen nutzen verschiedene SRF-Angebote regelmässig und schätzen vor allem die politische Berichterstattung als ausgewogen und informativ. Ein Teilnehmer zeigte sich beeindruckt von der strikten Verpflichtung zur Ausgewogenheit – jede:r Live-Gast erhielt exakt 16 Minuten Redezeit, selbst wenn mehr Zeit zur Verfügung gestanden wäre. Auch die Interview-Situationen wurden von allen als fair und gut strukturiert empfunden. Die Fragen seien treffend gestellt und die Themen gut gewählt gewesen.
Insgesamt lässt sich eine sehr positive Bilanz ziehen. Auch wenn die Gruppen klein waren, gab es viel Raum für Diskussionen, der auch intensiv genutzt wurde. Die teilnehmenden Jungpolitiker:innen haben das Angebot geschätzt, wie ihr Feedback zeigt. Für mich ist klar: Solche Angebote darf es mehr geben – der Kontakt zu einer jüngeren Generation ist wichtig, und das Interesse am regionalen Journalismus lebt durchaus.
Autorin: Jana Heimgartner, Verantwortliche Junge Zielgruppen bei SRG Aargau Solothurn