Regierungsanwärter in der Königsdisziplin
Bildlegende: Die Aargauer Regierung 2025–2028 (v.l.n.r.): Staatsschreiberin Joana Filippi, Jean-Pierre Gallati (SVP), Dieter Egli (SP), Markus Dieth (Mitte), Stephan Attiger (FDP), Martina Bircher (SVP).
In ihrer letzten Beobachtung hat sich die Kommission Programmbeobachtung der SRG AG SO mit den Interviews der Regierungsrats-Kandidierenden im Aargau befasst, die über zwei Wochen live im Studio geführt wurden.
Am 20. Oktober hat die Aargauer Stimmbevölkerung nebst den Mitgliedern des Grossen Rats auch die Regierungsrätinnen und -räte des Kantons neu gewählt. Zur Vorwahl-Berichterstattung des Regionaljournals Aargau Solothurn auf Radio SRF 1 gehörten auch Interviews mit den Kandidierenden für die Kantonsregierung. Vom 16. bis 27. September wurden jene sechs Kandidatinnen resp. Kandidaten, die einer im Grossen Rat vertretenen Partei angehören zu Live-Interviews ins Studio geladen.
Die Kommission Programmbeobachtung hat sich diese Gespräche angehört und an ihrer Sitzung vom 14. Oktober mit den „Regi»-Verantwortlichen diskutiert: Wird gefragt, was einen als Wählerin bzw. Wähler interessiert? Erfährt man – bei den vier Wiederantretenden –, was sie in den letzten Jahren geleistet haben, und – bei den Neuen –, wie sie sich für den einen frei werdenden Sitz eignen?
Im Gespräch mit den Bisherigen – Dieter Egli (SP), Jean-Pierre Gallati (SVP), Stephan Attiger (FDP) und Markus Dieth (Mitte) – richtete sich das Augenmerk der «Regi»-Redaktion schwergewichtig auf einen Bereich der bisherigen Tätigkeit in ihrem Departement. Dieses vertiefte Gespräch bot oft auch Gelegenheit, Überraschendes von den Regierungsräten zu hören. Bei den Neuen – Ruth Müri (Grüne) als Grossrätin und Stadträtin von Baden, Martina Bircher (SVP) als Nationalrätin und Stadträtin in Aarburg und Beat Flach (GLP) als Nationalrat – stand im Fokus, was sie in ihren jeweiligen politischen Ämtern erreicht hatten. Es ging überdies darum, was die drei im frei werdenden Departement Bildung, Kultur und Sport leisten würden. Diese Aufteilung machte aus Sicht der Kommission Programmbeobachtung Sinn und erschien ihr aus Hörer:innen-Sicht als echte Entscheidungshilfe für die Wahl.
Da und dort hätte man vielleicht noch gern mehr über andere politische Positionen der Interviewten erfahren. Etwa, wie sie zu anderen Entscheiden des Regierungsrats oder weiteren aktuellen Fragestellungen stehen. Hierfür bot eine «Kurzfragerunde» die Möglichkeit, die aber nicht immer ausgeschöpft werden konnte. Im Gespräch mit den «Regi»-Verantwortlichen zeigte sich schnell, welche Herausforderung ein live im Studio geführtes politisches Interview ist: Es gilt, den vorbereiteten, hochpolitischen Fragenkatalog, die Antworten der Interviewten, und damit verbunden allfällige Nachfragen sowie natürlich das zeitliche Korsett von rund 16 Minuten im Blick zu behalten. Damit darf ein Live-Interview für ein solches politisches Amt als Königsdisziplin der Redaktionsarbeit betrachtet werden. Mit den teils sehr ausführlichen Antworten der Kandidatinnen und Kandidaten konnten nicht alle vorbereiteten Fragen der «Kurzfragerunde», die gegen Ende des Gesprächs auch die Funktion eines zeitlichen Puffers hatte, gestellt werden.
Die Gespräche mit den Aargauer Politikerinnen und Politiker führten fünf Redaktionsmitglieder des Regionaljournals, die im Tagesgeschäft auch die Politik der jeweiligen Parteien begleiten. Nebst den Interviewten tragen selbstredend auch sie einen wesentlichen Teil zur Wirkung der Interviews bei. Wie die Gesprächsführung ankam, war, so zeigte sich bei den Mitgliedern der Kommission im Gespräch, Geschmackssache: Was den einen zu provokativ erschien, beurteilten die andern als sehr aufschlussreich. Wo man fand, eine Nachfrage hätte gut getan, hörten andere bereits in der ersten Antwort heraus, was sie wissen wollten.
Alles in allem boten die Interviews mit den Kandidierenden eine gute Basis für den Wahlentscheid der Bisherigen sowie der neu Antretenden. Dass lediglich die Bisherigen sowie die Herausforder:innen der grösseren Parteien zum Live-Interview geladen wurde, war aus Sicht der Kommission Programmbeobachtung nachvollziehbar. Zum einen kamen Vertreter:innen von Kleinparteien und Einzelkandidierende in der Vorwahlberichterstattung ebenfalls zu Wort. Zum anderen, war man sich einig, hätten 14 Interviews in diesem Umfang auch für die Hörerschaft den Rahmen gesprengt.