Ansichten und Einsichten

Auch ganz ohne Kritik von aussen hat es SRF in den letzten Tagen geschafft, in den Medien omnipräsent zu sein: Diverse Sendegefässe fallen neuerlich Sparmassnahmen zum Opfer. Entsprechende Ankündigungen dominierten die Schlagzeilen. Am 5. Februar wurde bekannt, dass per Sommer «Gesichter und Geschichten» aus dem Programm gestrichen wird. Tags darauf wurde bekanntgegeben, dass auf «SRF bi de Lüt – Live» verzichtet wird, dass auf Radio SRF 1 das montägliche Hörspiel und das Wirtschaftsmagazin «Trend» wegfallen, auf SRF 2 das «Wissenschaftsmagazin», «Kontext» und «Passage». Im Umfeld dieser Entscheidungen wurden zudem unter viel Mediengetöse die beiden erfolgreichen Podcasts «Zivadiliring» und «Comedymänner» zu Grabe getragen. Viele weitere Formate blieben zwar bestehen, hätten aber einen Sparauftrag erhalten – was immer das in der letzten Konsequenz bedeutet.
Dass gespart werden muss, ist nicht neu. Der Druck auf die SRG nimmt nicht ab. Sie, geneigte Leserinnen und Leser, haben das an dieser Stelle zur Genüge gelesen. Für uns in der Trägerschaft ist die Situation aber nicht immer einfach mitzutragen. Dass wir – sowohl von Mitgliedern als auch vom Publikum sowie Interessenvertretern z.B. aus Politik und Kultur – immer wieder auf die Sparanstrengungen angesprochen werden, liegt auf der Hand. Genau für diesen Dialog sind wir ja da, ihm stellen wir uns gern. Diesem Unmut adäquat zu begegnen, ist jedoch nahezu unmöglich, wenn auch selbst uns nicht immer nachvollziehbar erscheint, auf welcher strategischen Basis Sendegefässe gestrichen werden. Verstärkt wird dieser Eindruck der Ohnmacht, wenn man sich bewusst wird, dass die beiden oben zitierten Medienmitteilungen im ersten Abschnitt deckungsgleich sind. Gibt es tatsächlich nicht mehr zu sagen? Und wurde für gewisse Entscheidungen tatsächlich eine Befragung mit nur 20 oder 24 Personen – das sind nicht einmal 0,003 Prozent der Schweizer Bevölkerung – zurate gezogen? Das wäre äusserst fragwürdig für Entscheidungen dieser Tragweite. Und wenn wir als Trägerschaft Entscheidungen gegen aussen vertreten sollen, dürfen die Grundlagen, die zu diesen führen, nicht einmal nur ansatzweise fragwürdig sein.
Neben den Sendeformaten sind es andere Aussagen in den Medienmitteilungen, die aufhorchen lassen: «Auf srf.ch und in den Apps reduziert SRF wirkungsschwache Inhalte.» Oder: Im Radio «werden insbesondere längere Wortinhalte durch kürzere Beiträge ersetzt.» und «Stattdessen fliessen Teile der freien Ressourcen in die tagesaktuelle und vertiefende Wirtschaftsberichterstattung».
Als Hörer:in stellt sich da natürlich die Frage, wie Qualität und vertiefte Hintergrundinformationen in kürzeren Beiträgen beibehalten werden sollen und ob sich das Programm damit nicht mehr Richtung «Mainstream» und «nur noch Klicks zählen» hinbewegt. Aus diesen Aussagen und Überlegungen als Hörer:in leitet sich eine Kernfrage ab: Was soll der mediale Service public überhaupt leisten? Der Bundesrat stellte nach dem klaren No-Billag-Nein eine entsprechende politische Debatte in Aussicht. Es wurde eine Medienkommission engagiert, deren Erörterungen im Tagesgeschäft verpufften. Und während der bürgerlich dominierte Bundesrat nun einseitig eine Gebührensenkung beschlossen hat und die SRG-Initianten mit einer weiteren Forderung nach einem SRG-Kahlschlag das Bundesparlament und seine Kommissionen vor sich hertreibt, warten wir weiterhin auf diese Debatte. Oder – wie es die WOZ – vor zwei Wochen formulierte: «Unter dem Vorwand, die drohende Zerschlagung der öffentlichen Medien durch die ‹Halbierungsinitiative› abzufedern, zerlegen Bundesrat und Parlament die SRG vorsorglich gleich selber.» Die Politik beklagt zwar das Vorgehen der SRG und von SRF, entzieht sich aber weiterhin ihrer Verantwortung, den Leistungsauftrag des Medienhauses zu diskutieren und konstruktiv zu gestalten.