Wahlen 2023: 10 Monate für 10 Stunden
Nun sind sie (fast) vorbei, die nationalen Wahlen. Ein Höhepunkt nicht nur im politischen Kalender der Schweiz, sondern auch für die Redaktionen von SRF. Ein Blick hinter die Kulissen bei der Regionalredaktion Aargau Solothurn.
Start um 10 Uhr am Sonntagmorgen. Ende um 20 Uhr am Sonntagabend. 10 Stunden hat das Team der Regionalredaktion am Sonntag gearbeitet, mehr oder weniger pausenlos. Laufend aktualisierte Artikel für die SRF News App, Breaking-News für den Ticker auf der Wahlseite von srf.ch, halbstündliche Einschalter am Radio und eine einordnende Sendung von 28 Minuten am Abend. Das war der «Output» des Tages.
Das hat unser Publikum am Wahltag bei SRF gesehen, gehört, gelesen. (Zwischen-)Resultate, Hochrechnungen, Schlussresultate, Reaktionen, Einschätzungen unserer Redaktorinnen und Redaktoren. Doch hinter diesem «Output» stehen nicht nur 10 Stunden Arbeit, sondern 10 Monate Vorbereitung.
Alle möglichen Szenarien durchgedacht
Auf 12:45 Uhr ist die Hochrechnung des Forschungsinstituts gfs.bern für die Aargauer Nationalratswahlen angekündigt. Doch das Auszählen der Stimmen verzögert sich, wohl auch aufgrund der Rekordzahl von Kandidierenden. Im «Regionaljournal Aargau Solothurn» auf SRF1 erfahren die Hörerinnen und Hörer trotzdem schon, dass die SVP deutlich zulegen wird. Denn der zuständige Reporter vergleicht flugs die Wählerstärken in einzelnen bereits ausgezählten Gemeinden mit den Resultaten von 2019. Eine «Hochrechnung» vor Ort quasi.
Als die offizielle Hochrechnung dann doch noch kommt, überraschen die Prognosen nicht. Die EVP verliert ihren Sitz im Nationalrat, die SVP legt einen zu. Unser Reporter ist auf dieses Szenario vorbereitet, hat auch schon die dazugehörige Erklärung. Denn das Team hatte sich im Vorfeld an einer langen Sitzung mit allen möglichen Szenarien für diesen Wahltag auseinandergesetzt. Die EVP hat keine Listenverbindung mehr mit der inzwischen aufgelösten BDP, die Stimmen fehlen jetzt. Kaum ist das Resultat bekannt, können wir unserem Publikum diese Einordnung liefern. Sie steht vorbereitet auf einem Papier mit dem Titel «Einschätzungen für den Wahltag».
Spannung und Überraschungen in Solothurn
Diese minutiöse Vorbereitung, vor allem aber auch die fundierten Kenntnisse der regionalen Politik, helfen auch dem Team im Wahlzentrum Solothurn. Hier bleibt der Ausgang der Nationalratswahlen bis zur letzten Minute offen, denn die Stadt Solothurn kehrt das Resultat noch einmal um, lässt die Hochrechnung zur Makulatur werden.
Bei den Ständeratswahlen überrascht das schlechte Abschneiden von FDP-Regierungsrat Remo Ankli. Es bricht kurz Hektik aus hinter den Kulissen, als dieses Resultat verkündet wird. Doch schon Minuten später erläutert der Reporter am Radio, welche Ausgangslage nun für den 2. Wahlgang herrscht, dass die FDP nun eine schwierige Entscheidung zu treffen hat.
Die Redaktion profitiert an solchen Tagen davon, dass sie sich jahrein jahraus mit der kantonalen Politik beschäftigt, dass sie die politischen Verhältnisse in unseren Kantonen kennt, dass sie im engen Austausch mit Politikerinnen und Politikern steht. Aber zu einem gelungenen Wahltag gehört noch mehr als kompetenter Journalismus.
Chat-Nachrichten im Sekundentakt
Die Technik in den beiden Wahlzentren in Aarau und Solothurn wurde bereits am Freitag und Samstag installiert und ausführlich getestet. So funktionieren die Live-Schaltungen am Sonntag den ganzen Tag fehlerfrei, die schnelle Kommunikation zwischen dem Studio in Aarau und den beiden Aussenstandorten über ein Chat-System läuft ohne Unterbruch.
Im Sekundentakt werden Anweisungen verschickt («du hast 90 Sekunden für den Ständerat in der nächsten Sendung»), Einschätzungen geteilt («das ist eine Überraschung, das kann man so schreiben, ja»), Bilder ausgetauscht («hier noch der jubelnde Thierry Burkart für den Liveticker»).
Nach der letzten Sendung kurz vor 20 Uhr, nach dem letzten Update der App-Artikel, sinkt der Adrenalin-Spiegel beim Team. 10 Monate Vorbereitungsarbeit, 10 Monate gedankliche Auseinandersetzung mit möglichen politischen Szenarien, 10 Monate Gespräche mit Kandidierenden, 10 Monate Verfeinerung und Überarbeitung der Konzepte, damit am Wahltag alles einwandfrei vorbereitet ist. Diese 10 Monate sind plötzlich vorbei.
Es geht weiter am 19. November
Einige Redaktorinnen und Redaktoren bemerken erst jetzt, dass sie eigentlich sehr hungrig wären. Die Zeit reichte kaum zum Essen tagsüber. Nun aber trifft sich das Team noch zum Abschluss in einer Beiz.
Es wird gegessen, es wird diskutiert über die Ereignisse des Tages, es wird analysiert, welche Folgen die Wahlentscheidungen haben werden – und ja, es wird auch schon wieder darüber nachgedacht, was wir in den nächsten Tagen und Wochen noch zu berichten haben, welche Parteiversammlungen wir besuchen.
Denn natürlich sind die Wahlen am 22. Oktober nicht vorbei. Die zweiten Wahlgänge am 19. November werden das Team noch einmal fordern. Die Vorbereitungen für diesen Tag haben bereits begonnen.