Zwei Mal Adieu und ein Blick zurück
Es stehen personelle Veränderungen an in der Regionalredaktion Aargau Solothurn. Die langjährige Redaktionsassistentin und der nicht ganz so langjährige Redaktionsleiter verlassen SRF. Zwei Gründe für einen kurzen Blick zurück.
Mehr als 40 Jahre lang hat Sabina Bucher für Radio DRS und SRF gearbeitet. Sie war schon bei der Gründungscrew der Regionalstudios Aargau und Solothurn dabei. Angestellt per November 1983, zuerst als Ton-Operateurin, dann als Redaktionsassistentin. Nun tritt sie ihren wohlverdienten Ruhestand an.
Der Schreibende kann auf immerhin rund 22 Jahre bei SRF zurückblicken: Die letzten knapp zehn Jahre als Leiter der Regionalredaktion, zu Beginn als Stagiaire («Praktikant») und dann Redaktor. Ich wechsle die Branche, mache mein Hobby zum Beruf und arbeite künftig vor allem als Tontechniker für eine Eventtechnik-Firma.
Künftig leitet Marco Jaggi – der bisherige Stellvertreter – die Geschicke der SRF-Regionalredaktion. Die Aufgaben von Sabina Bucher werden an verschiedene Stellen im Unternehmen verlagert, nach Bern und Zürich. Vor allem mit der Pensionierung von Sabina endet also eine Ära. Aus diesem Grund lohnt sich ein kurzer Blick zurück.
Vom Radio zu Multimedia, von UKW zur News App
1984, beim Start der täglichen Regionaljournal-Sendungen in unserer Region, wurde dem Publikum noch auf Faltzetteln erklärt, wie sie die Sendung empfangen können. «Beim Radiogerät auf FM schalten, anschliessend mit dem Drehregler die Frequenz XY suchen...» etc. Im Studio wurde natürlich noch mit Bandmaschinen geschnitten. Und doch war das Radio damals das «schnellste Medium der Welt».
Zeitungen oder auch Fernsehen waren viel langsamer. Immer wieder waren Reporterinnen und Reporter am Radio live auf Sendung und berichteten brühwarm direkt vom Ort des Geschehens. Damals per Telefon, heute per Spezial-App auf dem Smartphone.
Inzwischen sind Nachrichten im Internet oft schneller verbreitet als übers Radio. Und es gibt eine neue Generation Menschen, denen man die Funktionsweise eines Radiogeräts wohl erklären müsste. Unser Publikum unter 40 hört kaum mehr lineares Radio. Man konsumiert weiterhin «Audio», aber in Form von Podcasts oder Streams auf dem Smartphone. Radio DRS heisst SRF und ist ein multimediales Unternehmen geworden.
Wir diskutieren heute an den Redaktionssitzungen nicht mehr nur darüber, ob ein regionales Thema allenfalls auch im «Echo der Zeit» gesendet werden müsste, sondern ob das Thema auch für die SRF News App oder für Instagram umgesetzt werden könnte. Und ja, die Radio-Reporterinnen haben natürlich einen Fotoapparat dabei, wenn sie auf Reportage gehen. Denn auf der App und in sozialen Medien braucht es Bilder. Kurzum: Wir produzieren multimedial, weil wir nur so unser Publikum noch erreichen.
Vom «grossen Laden» zum «innovativen Konzern»
Dieser Medienwandel hat auch meine Zeit in diesem Unternehmen geprägt und für stetige Abwechslung und neue Herausforderungen gesorgt. Als ich meine Ausbildung im «Regi» startete, waren die Studios in Bern, Basel und Zürich für mich noch sehr weit weg. Nach der Fusion mit dem Fernsehen zum Unternehmen SRF hatte ich noch Mühe, mich in diesem «grossen Laden» wirklich zurechtzufinden.
Und ja, ich gebe zu, dieser Laden erschien mir oft auch etwas schwerfällig. Denn natürlich wollte ich als verhältnismässig junger Mitarbeiter die digitale Entwicklung vorantreiben, wünschte mir oftmals mehr Veränderung in kürzerer Zeit. Inzwischen habe ich erkannt: SRF ist für seine Grösse bereits unglaublich innovativ unterwegs.
Wir gelten als Vorbild für viele andere Medienkonzerne, werden von ausländischen Kolleginnen und Kollegen für die Umsetzung digitaler Strategien gelobt. Immer wieder gab und gibt es Besuch aus dem Ausland. Bei einigen dieser Entwicklungen durfte ich selbst dabei sein und mitgestalten, zum Beispiel als Co-Projektleiter Weiterentwicklung SRF News App. Diese Projektarbeit hat meinen Blickwinkel erweitert, über die Regionalredaktion Aargau Solothurn hinaus.
Ich bin dem Unternehmen sehr dankbar für diese Möglichkeiten. Denn natürlich habe ich bei diesen Projekten auch viel gelernt, über «Change», «Kulturentwicklung» oder «Agilität», um nur einige Stichworte zu nennen (und im Wissen, dass einige dieser Stichworte bei einigen Leuten zu Ausschlag führen... aber ich meine es durchaus ernst).
Von «Arbeitskollegen» zum besten Team der Welt
Vor allem aber bin ich den Menschen dankbar, mit denen ich in den letzten beiden Jahrzehnten zusammenarbeiten durfte. Allen voran natürlich Sabina, die mich mit ihrem unglaublichen Erfahrungsschatz immer unterstützt hat. Aber auch allen anderen Journalistinnen und Journalisten, Technikerinnen und Technikern, Managerinnen und Managern, die mich bei SRF begleitet haben.
Schon nach kurzer Zeit im Regionalstudio Aarau habe ich festgestellt, dass Arbeitskolleginnen und Vorgesetzte in diesem Umfeld mehr sind als Arbeitskolleginnen und Vorgesetzte. Wer eine tagesaktuelle Sendung machen muss, wer in einem so kleinen Team in einer so schnellen Branche qualitativ gute Resultate liefern will, der muss gemeinsam funktionieren.
Eine gute Redaktion streitet über Themen, diskutiert über die richtigen Fragen für ein Interview oder den besten Fokus einer Geschichte. Die Redaktorinnen und Chefs geben einander Feedback, versuchen ihr journalistisches Produkt im Diskurs zu verbessern. Das alles braucht Offenheit, Ehrlichkeit, Respekt. Und schliesslich braucht es Flexibilität und Hilfsbereitschaft, weil man nur gemeinsam ans Ziel kommt.
Das alles ist im Team der Regionalredaktion Aargau Solothurn mehr als genug vorhanden. Ich habe meine Kolleginnen und Kollegen deshalb immer für das «beste Team der Welt» gehalten und bin überzeugt davon, dass sie es auch bleiben. Unabhängig davon, wie sich der Medienwandel weiterdreht. Unabhängig davon, welche Hürden uns die Politik noch in den Weg stellen will.
Vom Mitarbeiter zum Vereinsmitglied
Und schliesslich möchte ich doch noch ein Wort zur SRG schreiben: Der Verein war in diesen Jahren für mich immer ein zusätzlicher Motivator, um diesen manchmal harten Job so gut wie möglich zu machen. Denn das grosse Engagement von Vorstand, Arbeitsgruppen und Kommissionen in der SRG Aargau Solothurn hat mir immer wieder vor Augen geführt, wie viel Unterstützung wir als Journalistinnen und Journalisten des öffentlichen Medienhauses haben.
Gerade das grosse Engagement im Vorfeld der «NoBillag»-Abstimmung haben Mitarbeitenden des Regionalstudios und die SRG-Trägerschaft einander nähergebracht. Der oben beschriebene «Team-Spirit» geht also über die Regionalredaktion hinaus: Auch die SRG Aargau Solothurn ist Teil des Teams SRF, könnte man etwas salopp sagen. Wir haben zwar unterschiedliche Aufgaben, aber ziehen am gleichen Strick. Dafür bin ich sehr dankbar.
Ich verlasse SRF nicht, weil ich SRF verlassen wollte, sondern weil ich eine neue Herausforderung gefunden habe. Meine Loyalität zur SRG bleibt bestehen. Nicht mehr als Mitarbeiter, aber als Vereinsmitglied. In diesem Sinne: Adieu, aber auf Wiedersehen!