Schlafzimmer-Studios und Konferenz-Koller
Die Coronakrise macht Journalismus wichtiger denn je. Zuschauer- und Klickzahlen von SRF sind in die Höhe geschnellt, auch die Angebote der Regionalredaktion Aargau Solothurn erreichen so viel Publikum wie noch nie. Dabei ist die Arbeit an Radiosendungen und Online-Artikeln in Zeiten von Corona einiges schwieriger als sonst. Ein Blick hinter die Kulissen einer Homeoffice-Redaktion.
An oberster Stelle steht die Gesundheit der Mitarbeitenden. Wichtig ist aber auch der Informationsauftrag der SRG, der Sendebetrieb muss weiterlaufen. Deshalb hiess es im März bei allen Redaktionen von SRF: Neuorganisation. Den Betrieb so sicherstellen, dass möglichst niemand am Coronavirus erkrankt.
Für die Regionalredaktion Aargau Solothurn heisst das konkret: Aktuell sind maximal noch drei Personen gleichzeitig im Studio Aarau. Die Moderatorin oder der Moderator unserer Livesendung, dazu die Wochenproduktion (welche alle Themen koordiniert und die Qualität der Beiträge kontrolliert) sowie ein Techniker, der nicht nur die Sendung «fährt», sondern auch für alle IT-Fragen der Mitarbeitenden zuständig ist. Und solche Fragen gibt es in den letzten Tagen und Wochen mehr als sonst, denn alle anderen Mitarbeitenden arbeiten daheim.
Smartphone und Laptop als zentrale Arbeitsgeräte
Reporterinnen und Reporter schalten sich bei (Telefon-)Medienkonferenzen ein, gehen (mit Abstand zu den Interviewgästen) auf Reportage und lesen sich vor dem Laptop im heimischen Büro durch die täglich aktualisierten Lageberichte der Kantone in Sachen Corona-Pandemie. Die Arbeit geht fast normal weiter, mit einem Unterschied: Die gewohnten Produktionsmethoden funktionieren nicht mehr.
Wir machen Interview-Aufnahmen am Handy, sprechen in Schlaf- oder Wohnzimmern unsere Beiträge ein. Bilder von Kolleginnen und Kollegen, welche sich aus akustischen Gründen unter Bettdecken und Kissen verstecken mit ihren Mikrofonen, sind inzwischen zum «Running Gag» geworden in der Radio- und Podcastbranche. Bei alledem profitieren wir von den inzwischen ziemlich ausgereiften technischen Lösungen, die es für «mobilen Journalismus» gibt. Auch Live-Einschaltungen in Studioqualität über das Smartphone sind problemlos machbar. Problemlos? Nun ja, nicht ganz...
Die Internetleitung als «Lebensader»
Selbstverständlich haben die Mitarbeitenden vor allem in den ersten Tagen des neuen Regimes mit Problemen gekämpft. Mikrofone speziell für die Nutzung am Handy mussten noch nachbestellt werden – und kamen wegen Lieferverzögerungen relativ spät an. Die Bearbeitung der SRF-Website funktioniert zwar im Prinzip von jedem Rechner aus – aber nur, wenn die Internetverbindung wirklich stabil ist. Auf stabile Verbindungen sind wir auch für die Redaktionssitzungen angewiesen, an denen alle publizistischen Diskussionen und die Absprache von Themen und Aufträgen stattfinden.
Diese Sitzungen machen wir per Skype – was auch nur dann wirklich angenehm ist, wenn die Verbindung stabil steht. Und wenn sich die Redaktorinnen und Redaktoren streng an die «Funk-Disziplin» halten und jede und jeder nur einzeln spricht. Das ist bei Journalisten gar nicht so einfach: Wir diskutieren – im Sinne der kritischen Auseinandersetzung mit unseren Themen – gerne viel und laut und gleichzeitig.
Die Krise als Chance
Die Corona-Krise ist damit auch ein guter «Lehrblätz» für das ganze Team der SRF-Regionalredaktion. Wir haben gelernt, die vorhandenen technischen Möglichkeiten maximal auszunutzen. Gleichzeitig lernen wir täglich zu improvisieren. Da werden Mikrofonständer aus Skistöcken gebastelt, um die vorgeschriebene Distanz zu wahren oder es werden in sozialen Medien gefundene Tipps und Tricks zur Aufnahme von Telefoninterviews (ohne entsprechende Studio-Ausrüstung) im Team weitergeleitet.
Und schliesslich ist dem ganzen Team in diesen ungewöhnlichen Zeiten aufgefallen, wie wichtig das Team überhaupt ist für die journalistische Arbeit. Wir kennen uns, wir schätzen uns, wir funktionieren solidarisch, um unserem Publikum täglich die nötigen Informationen am Radio und im Internet bzw. auf der App präsentieren zu können. Das ist meine persönliche Haupterkenntnis aus über drei Wochen Homeoffice: Ich darf ein wirklich hoch motiviertes, flexibles, talentiertes und nicht zuletzt freundschaftlich verbundenes Team leiten.
Was in diesen Wochen fehlt, das ist der gemeinsame Gang zur Kaffeemaschine, das spontane Gespräch zwischendurch im Büro. Aber auch dafür haben wir inzwischen einen guten «Workaround» gefunden: Am Freitagabend treffen wir uns virtuell – über Skype – zum gemeinsamen Feierabendbier. Weil wir eben kein «Social Distancing» betreiben wollen, sondern wirklich nur «Physical Distancing».